„Im Boot auf nebligem Meer“

■ Stiftung Alsterdorf: Umstrukturierung und Arbeitsplatzabbau

Die 130 Jahre alte Behinderteneinrichtung „Stiftung Alsterdorf“ will durch Dezentralisierungsmaßnahmen, Schließungen von Zentraleinrichtungen, Personalabbau und Privatisierungen von Teilbereichen weiter Kosten senken. Das kündigte der Vorstandschef Pastor Rolf Baumbach gestern an. Dem Vorstand gehe es darum, nachdem die „finanzielle Talfahrt“ gestoppt werden konnte, nunmehr das aufgelaufene Bilanz-Defizit von 38 Millionen Mark abzubauen.

Die Stiftung war im vorigen Jahr in die Schlagzeilen geraten, weil sich die neue Vorstandsriege Jahresgehälter von über 200.000 Mark spendiert hatte. Das führte auch zum demonstrativen Rücktritt der Mitarbeitervertretung. Auch gestern gaben sich die Vorständler kapitalistisch.

Obwohl das vorige Geschäftsjahr mit einem Überschuß von 282.000 Mark abgeschlossen werden konnte, geht Finanzchef Peter Buschmann davon aus, daß sich aufgrund der Bonner Sparpläne der Kostendruck verschärft: „Wir fahren in einem Boot über ein nebliges Meer“. Denn die Stiftung wird zu 98 Prozent aus den Sozialhaushalten der Kommunen sowie aus Mitteln der Krankenkassen finanziert.

Da immer mehr Behindertenwohnungen in Wohngebieten dezentralisiert werden, strebt der Vorstand eine Umstrukturierung der Stiftung an. Buschmann: „Wenn jemand in einer Wohngruppe in Altona wohnt, dann fährt er nicht nach Alsterdorf zum Mittagessen.“ Konsequenz des Wandels: Die Stiftung werde ihren eigenen Fuhrpark und Reinigungsdienst schließen, 71 MitarbeiterInnen der 3300 Beschäftigten werden ihren jetzigen Arbeitsplatz verlieren und umgesetzt werden, 28 Angestellte werden sogar entlassen. Baumbach: „Es gibt keinen Bereich, der von den Maßnahmen nicht betroffen ist.“

Um zusätzliche Einnahmen zu erwirtschaften, sollen überdies die stiftungseigene Großküche und Wäscherei in eine „holdingähnliche GmbH“ überführt werden.

Kai von Appen