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Blaublütige Betriebsnudel

■ Elizabeth Nyabongo erzählt ihr Leben zwischen Haute Couture und UNO

Wo soll man anfangen, um die Atmosphäre in Elizabeth von Toros soeben erschienenen Memoiren „Die Odyssee einer afrikanischen Prinzessin“ wiederzugeben? Das Ineinander von afrikanischer und WASP-Weltsicht verheddert den Faden, an dem entlang sich ihre Geschichte entrollen ließe: Die Prinzessin war die erste schwarze Frau, die in Cambridge einen Abschluß machte. Sie war die erste schwarze Frau, deren Modelkarriere bis aufs Cover von Harper's Bazaar und Vogue führte. Sie machte einen kurzen Ausflug zum Film. Und: Sie war unter Idi Amin Sonderbotschafterin, Vorsitzende der landesweiten Frauenorganisation und Außenministerin. Als Amin seine Gattinnen verstößt, Kay Amin sogar töten läßt und Elizabeth von Toro ehelichen möchte, endet dieses Leben; Elizabeth von Toro flieht.

Unter Yoweri Museveni, der mit seinen Truppen nach Idi Amin noch den sich zum zweiten Mal seit der Unabhängigkeit 1962 an der Macht befindlichen und seinem Vorgänger an Blutrünstigkeit nicht nachstehenden Milton Obote besiegt, wird sie zum zweiten Mal Botschafterin Ugandas in den USA. Als sie nach zwei Jahren nach Frankreich übersiedeln soll, lehnt sie ab, um in Ruhe ihre Memoiren zu schreiben.

Sie ist die Tochter des letzten Königs von Toro; eigentlich steht ihr der Sinn nach der Wiederherstellung der Monarchie und der traditionellen Gesellschaftsstruktur, über die sie übrigens nicht viel verlauten läßt, außer daß ihr Vater bei seinen Untertanen beliebt gewesen sei. Andererseits verdankt sie ihre Bildung den im Lande befindlichen – imperialistischen? – Missionaren und, in der Folge, einem Studium in Großbritannien. Kein Wunder also, daß Elizabeth von Toro, eine Art blaublütige Betriebsnudel, den Leser zum Staunen bringt. Grotesk wirkt das dichte Nebeneinander von – zum Beispiel – Fototerminen in New York und folgendem Fertility Treatment: „Also wurde meine Großmutter in das Dorf Kitumba gebracht, wo man die Endeba, eine breite tiefe Grube, ausgehoben hatte. Ihr ebener Boden war mit Bananenblättern bedeckt, die über einem Feuer weich gemacht worden waren, wobei man darauf geachtet hatte, daß sie nicht rissen. Die eine Hälfte füllte man die Grube mit kaltem Wasser und errichtete in der Mitte eine Holz

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wand, so daß sie in zwei gleich große Hälften geteilt war. Die andere Hälfte füllte man so lange mit erhitzten Steinen, bis das Wasser sehr heiß war. Meine Großmutter wurde eingerieben mit wohlriechendem Öl, in das heiße Wasser getaucht und gleichmäßig von einer Seite auf die andere gedreht, bis sie vor Schweiß triefte. Von Zeit zu Zeit holte man sie heraus, so daß noch mehr heiße Steine hingegeben werden konnten, die das Wasser wieder aufheizten. Der Vorgang wurde so lange wiederholt, bis sie es nicht mehr ertragen konnte. Dann holte man sie heraus und tauchte sie zur Erholung in das kalte Wasser in der anderen Hälfte der Grube. Inzwischen war eine Ziege geschlachtet und gekocht worden, und nach einem Weilchen wurde die Königin mit Suppe und Ziegenfleisch gefüttert. Diese Behandlung ließ man ihr mehrere Monate lang angedeihen. Erstaunlicherweise wirkte das, und sie gebar ein Mädchen...“

Neben ihrem mitunter märchenhaft wirkenden Leben als Politikerin durfte Elizabeth von Toro dazu noch jene Sorte von Liebesgeschichte mit ihrem Gatten Wilbur erleben, die sonst nur in Groschenromanen geschildert werden. Sie hätte sich diese Offenbarung ruhig schenken können und statt dessen etwas mehr über ihr Land, das selbst in sehr gut betreuten Reiseführer-Regalen nur am Rande auftaucht, erzählen sollen. Sie beliebt jedoch, dem Leser aus lauter Liebe zum verstorbenen Gatten einige schwer verdauliche Bissen vorzusetzen: „Wilburs ungewöhnlich gutes Aussehen und seine Kultiviertheit waren Ergebnis einer seit Generationen sorgfältigen Partnerwahl zwischen dem Abacaki-Clan von seines Vaters Seite und dem Abasongora-Clan von seiten seiner Mutter – Clans, die für ihre Schönheit und gute Erziehung, ihre Kultur und ihren Patriotismus berühmt sind.“

Da hält man inne und fragt sich, wie sie es wohl mit ihrer Liebe zu ihren Landsleuten vereinbaren konnte, Idi Amin eine, laut eigener Aussage, erfolgreiche Außenministerin zu sein. Ebenfalls eigenartig berührt es den weißen europäischen Leser, der gelernt hat, selbst nicht ganz stringent vorgebrachte Imperialismus-Vorwürfe verständig anzuhören, wenn die Autorin allzu prinzessinnenhaft ihre Weltsicht beschreibt: „Schönheit gehört einem nicht allein, sondern ist vielmehr ein Abbild des Volkes, des Landes, aus dem man kommt. Sie ist ein Guthaben, das einem zu treuen Händen anvertraut wurde.“ Understatement ist nicht unbedingt der Autorin größtes Talent. „Wenn ich an diesen Tag zurückdenke, werde ich an eine Geschichte erinnert, die illustriert, aus welchem Holz ich geschnitzt bin, ein Holz, das sich auch vor Amin nicht (ver-)biegt.“ Da wünscht man sich zuweilen, der Lektor hätte hie und da die erzählerische Freiheit der Autorin beschnitten. Stefanie Holzer

„Elizabeth of Toro. Die Odyssee einer afrikanischen Prinzessin“. Aus dem Englischen von Gunter Riedel. Gustav Kiepenheuer Leipzig, 368 S., geb., 24 Abb., 39.80 DM.

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