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Wedemeier: 49,8% der Stadtwerke verkaufen

■ Beitrag zur Rettung des Klöckner-Werks / SPD-Landesvorsitzende will bei „guten Gründen“ mitspielen

Zur Rettung der Klöckner- Hütte wird die SPD ihren Parteitagsbeschluß vom 18. September 1993 über den Verkauf von Stadtwerkeanteilen revidieren müssen. Damals hatte sich die SPD festgelegt, höchstens 24,9 Prozent des Bremer Energieunternehmens zu verkaufen. Zur Finanzierung der Interessentenlösung will Bürgermeister Klaus Wedemeier jetzt aber zweimal 24,9 Prozent der Stadtwerkeanteile verkaufen: „Damit gehe ich zu meiner Partei und kriege dafür auch die Zustimmung“, sagte er am Samstag.

Überfahren von soviel Zuversicht fühlt sich die SPD-Landesvorsitzende Tine Wischer nicht: „Das ist nicht neu, Wedemeier hat das schon immer klar gesagt, daß 24,9 Prozent vielleicht nicht ausreichen.“ Es gebe „keinen Freibrief auf die Zukunft“ und der Senat müsse einen größeren Verkauf „gut begründen“. Bisher stände für sie allerdings der Parteitagsbeschluß. Doch an der Partei, sinalisiert Wischer, wird die Klöckner-Lösung wohl kaum scheitern.

Nötig wird die Diskussion in der SPD, weil das Wirtschaftskabinett des Senats (neben Wedemeier die Senatoren Kröning, Jäger und Fücks) am Samstag die ausgehandelte „Interessentenlösung“ für Klöckner gebilligt hatte. Der Vertrag, der am Freitag zwischen der landeseigenen HIBEG und dem Vorstandsvorsitzenden der Klöckner-Werke AG, Hans Christoph von Rohr, ausgehandelt und paraphiert worden war, sieht die „Entflechtung“ der Bremer Hütte von ihrer Duisburger Mutter vor. Die Beteiligung Bremens an dieser „Nordstahl“-Hütte über HIBEG und Stadtwerke soll unter fünfzig Prozent liegen (vgl. ausführlich Seite 7).

Die Chancen für die Interessentenlösung sind mit der Vertrags-Paraphierung nach Wedemeiers Angaben „von 50:50 auf 60:40 gestiegen“. Fraglich ist noch, ob die belgische Stahlfirma Sidmar, eine Tochter der luxemburgischen Arved, in das Modell einsteigt. Begrüßt wird ein solcher Einstieg auch von Eike Hemmer, Klöckner-Betriebsrat. „Sidmar wäre ein starker Partner im Stahlgeschäft. Das würde uns gegen die Konkurrenz absichern, die in ganz anderen Größenordnungen als die unserer Bremer Hütte abläuft.“ Ein Zusammenschluß mit Sidmar würde in der Zukunft auch Rationalisierungen in Bremen bedeuten. Die Paraphierung des Vertrages ist für Hemmer „ein riesiger Schritt nach vorn“, aber noch nicht die endgültige Rettung. „Es gibt noch genügend Konkurrenten, die unsere Warmbreitbandstraße stillegen wollen“. Auch Klaus Hilker, Chef der Bremer Klöckner-Hütte, sprach von einem „entscheidenden Schritt“.

Auf Betriebsratsebene gibt es noch keine Kontakte zur Sidmar, sagt Robert Milbradt vom Klöckner-Betriebsrat. „Es gibt keine übergreifende Politik der Arbeitnehmer in Europa, um der Politik der Stahlkonzerne etwas entgegenzusetzen, daran müssen wir noch arbeiten.“

Bernhard Pötter

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