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Unterm Strich

Es wird gegründelt: Mit der Vorstellung des Gutachterverfahrens für das geplante neue Akademiegebäude am historischen Standort Pariser Platz 4 neben dem Brandenburger Tor beginnt am kommenden Freitag die erste Mitgliederversammlung der neugebildeten Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. Auf der ersten gemeinsamen Plenarsitzung mit den von der einstigen Ostberliner Akademie aufgenommenen Mitgliedern soll die neue Satzung beschlossen werden. Sie sieht unter anderem einen Ehrenrat vor, der unehrenhaftes Verhalten von Akademiemitgliedern und Verstöße gegen die Freiheit der Kunst ahnden kann. Außerdem sollen Arbeitsperspektiven bis zum Jubiläumsjahr 1996, dem 300. Geburtstag der Preußischen Akademie der Künste, und die Zukunft der früher von der Ost-Akademie herausgegebenen und bereits im 45. Jahr erscheinenden Zeitschrift „Sinn und Form“ diskutiert werden. Neuwahlen von Präsidium und Akademie-Senat sind erst auf der Frühjahrsversammlung im Mai 1994 vorgesehen. Offensichtlich wird sich Akademiepräsident Walter Jens, der angesichts der turbulenten Auseinandersetzungen um die Akademievereinigung zwischendurch etwas amtsmüde schien, doch noch einmal für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung stellen. Die Räume im Marstall am Marx-Engels-Platz muß die Akademie zum Jahresende aufgeben, weil sie die erhöhten Mietkosten nicht tragen kann. Die geforderte übliche „Vergleichsmiete“ sei in der Innenstadt sehr hoch. Als letztes werden von der Akademie dort noch ein Projekt von Künstlern zur künftigen Gestaltung des Schloßareals und eine von dem Filmregisseur Wim Wenders initiierte Kunstversteigerung für die Kinder von Tschernobyl stattfinden. Danach wird sich die Akademie auf ihre Ausstellungsräume am Hanseatenweg und auf die noch auszubauenden Galerieräume am Pariser Platz konzentrieren.

Es wird protestiert: Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisiert die Auszeichnung der österreichischen Schriftstellerin Gertrud Fussenegger mit dem Jean-Paul-Preis durch das bayrische Kultusministerium. Die 81jährige Autorin von mehr als 30 Titeln zu „den menschlichen Grundproblemen wie Schicksal, Schuld und Leiden“ habe in jungen Jahren im Völkischen Beobachter und in anderen NS-Zeitschriften publiziert. Man müsse verhindern, „daß die ewig Gestrigen durch derartige Auszeichnungen Morgenluft wittern“. Das Kultusministerium verteidigt sich mit dem Hinweis darauf, daß Gertrud Fussenegger ihre „Verblendung heftig beklagt“ und ihre Begeisterung über den Anschluß Österreichs an Deutschland ordnungsgemäß bedauert habe. Außerdem finde sich ihr Name nicht einmal im Register der maßgeblichen Nachschlagewerke zur NS-Literatur. Wir vermuten ja, daß auch Hans Werner Höfer nicht darin verzeichnet war.

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