piwik no script img

Raketenteile für Irak

■ Prozeß gegen Industrielle begann

Münster (AP) – Einer der größten Waffenexport-Prozesse in Deutschland hat Dienstag vor dem Landgericht Münster begonnen: Zwei ehemalige Geschäftsführer und ein früherer Angestellter der Drensteinfurter Firma H + H Metallform sind angeklagt, illegal Einzelteile und Maschinen für die Raketenherstellung an den Irak und Libyen geliefert zu haben. Der illegale Handel soll ein Volumen von 50 Millionen Mark erreicht haben.

Die Staatsanwaltschaft listete am Dienstag vor der Wirtschaftsstrafkammer Fall für Fall auf, wie die angeklagten Geschäftsführer Dietrich Hinze (55) und Peter Hütten (62) sowie der der Beihilfe beschuldigte Exportassistent Helmut Beumer (51) zwischen 1988 und 1990 Einzelteile für die Herstellung von Mittelstreckenraketen des Typs Scud-B und Maschinen zum Bau von Artillerieraketen an den Irak lieferten. Noch während der laufenden Ermittlungen soll das Unternehmen außerdem eine Maschine zur Fertigung von Brennkammern für Artillerieraketen illegal über dritte Länder nach Libyen exportiert haben.

Die Ausfuhrbehörden seien mit falsch deklarierten Anträgen auf Ausfuhrgenehmigung und Scheinkäufern in Drittländern getäuscht worden, sagte der Staatsanwalt. Die Verteidiger der Angeklagten betonten dagegen, die Geschäftsführer müßten als „Sündenböcke“ für die Bundesregierung herhalten. Denn die Bundesregierung habe nachweislich zu früheren Zeiten selbst umfassende Waffengeschäfte mit dem Irak getätigt und habe daher ihren Anspruch auf Strafverfolgung verwirkt. Der frühere Chef des Bundesnachrichtendienstes und heutige Außenminister Klaus Kinkel könne und müsse hierzu als Zeuge gehört werden. Für das Münsteraner Mammutverfahren sind zunächst 44 Verhandlungstage angesetzt. Die beiden ehemaligen Geschäftsführer des in Konkurs gegangenen Unternehmes sitzen in Untersuchungshaft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen