piwik no script img

Klöckner-Verhandler auf dem Podium

■ Was alles nicht gesagt werden darf bei der grünen Klöckner-Debatte heute abend

Heute abend soll es im Haus der Bürgerschaft eine Geister- Veranstaltung geben: Finanzsenator Kröning, Umweltsenator Fücks und Stadtwerke-Chef Czichon werden auf dem Podium sitzen, um über das Thema Stadtwerke-Verkauf für die Rettung von Klöckner zu reden, aber alle drei werden drumherum reden müssen. Die laufenden vertraulichen Verhandlungen um beide Themen — Klöckner-Interessentenlösung wie Stadtwerke-Verkauf — verbieten einen Bruch der Vertraulichkeit wie die unterschiedlichen Interessen der drei Politiker.

In der grünen Einladung zu dieser Veranstaltung geht das Versteckspiel schon los. Die Stadtwerke hätten „20-25 Prozent zuviel Personal an Deck“, seien „konservativ gestrickt“ und ein Teilverkauf könnte vielleicht „frischen Wind innerhalb des Unternehmens“ bringen, wird da zitiert — aus der taz. Wer das gesagt hat, wird von Walter Ruffler („V.i.S.d.P.“), der es wissen muß, verschwiegen: Umweltsenator Ralf Fücks hat das so gesagt. Um diese Formulierungen gibt es seit Wochen einen heftigen Briefwechsel zwischen Czichon und Umweltressort — vertraulich.

„Beendet der Verkauf jede Hoffnung auf eine eigenständige ökologisch orientierte Energiepolitik in Bremen?“, soll eine Frage der Veranstaltung sein. Und: „Bekommt allen Warnungen zum Trotz letzten Endes doch ein Atom-Multi Zugriff auf den Bremer Energiemarkt?“ Gemeint, aber nicht nenannt, ist die Preag. Wird der Finanzsenator Kröning heute der Runde sagen, mit wem bei der Preag er was in den letzten Wochen besprochen hat? Vermutlich nicht.

Es ist allerdings vom Bremer Senat alles für einen Teilverkauf an die Preag vorbereitet. Da das ursprüngliche Gutachten der Wibera über die Stadtwerke der Preag zu optimistisch war, wird nun von der Treuarbeit unter Einschaltung von Personen des Vertrauens der Preag ein neues Gutachten erstellt.

Stadtwerke-Chef Günter Czichon, der sich schon früher einmal heftig beschwert hatte, daß er an den Verkaufsüberlegungen nicht beteiligt sei, hätte nun einen neuen Grund zur Klage: Am Freitag vergangener Woche haben die Verhandler des Senats die Stadtwerke als Anteilseigner für die Klöckner-Interessentenlösung ins Spiel gebracht. Kurzfristig sollen die Stadtwerke dem Stahlkonzern die Stromrechnung um 60 Millionen stunden, um dessen Liquidität zu sichern. Insgesamt bis 200 Millionen Mark, so das Konzept des Senats, das am Ende vergangener Woche festgeklopft wurde, könnten so von den Stadtwerken zu Klöckner hinüberfließen. Da Klöckner das nie zurückzahlen kann, wird es später einmal mit einem Anteil von 10-20 Prozent vergolten werden.Der Stadtwerke-Vorstand hat dieses Manöver erst im Nachhinein mitgeteilt bekommen.

Klar ist: Wenn der Käufer der Stadtwerke-Anteile gleich das Klöckner-Risiko mitkauft, verringert sich der Spielraum, in dem einem möglichen Käufer andere Bedingungen gestellt werden können.

„Rettet der Stadtwerke-Verkauf die Klöckner-Hütte oder verhebt Bremen sich mit dem norddeutschen Interessentenmodell?“, will der Grüne Veranstalter (Ruffler) seine Expertenrunde fragen. Für die Antwort müßte gesagt werden, daß in dem beim Notar unterschriebenen „Interessentenmodell“ niemand dabei ist, dem die unternehmerische Führung des Stahlkonzern anvertraut werden könnte. Die Bremer Staatsfirma Hibeg soll mindestens 40 Prozent übernehmen, der Vulkan wird deutlich mehr als 10 Prozent nehmen müssen, die Hegemann-Gruppe ein paar Prozent, die Klöckner-Werke Duisburg behalten 25 Prozent — für ein Unternehmen, das die unternehmerische Führung übernehmen sollte, bleiben da keine Prozente mehr übrig. Vor dem Notarstermin haben die Verhandlungen mit Arbed/Sidmar keinen Erfolg gehabt, es bleibt bis zur Aufsichtsratssitzung der Klöckner-Werke am 11.11.1993 nicht mehr viel Zeit.

Bleibt es dabei, daß keine außerbremische Firma und insbesondere keine der Branche sich an der „Interessentenlösung“ beteiligen will, dann bedeutet das: Die Klöckner-Werke Duisburg, in der Stahlbranche erfahren, machen sich frei vom Risiko der Bremer Hütte und der bremische Staat ist so frei, es vollständig zu übernehmen. Wenn Klöckner nicht doch lieber an Thyssen verkauft... K.W.

20 Uhr, Haus der Bürgerschaft

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen