: 13 Jahre für Blutbad im „Anfall“
■ Neuköllner wegen Totschlags in Szenekneipe verurteilt / Unterbringung in psychiatrischem Krankenhaus angeordnet
Zu 13 Jahren Haft wegen Totschlags und versuchten Totschlags in zwei Fällen ist gestern der 43jährige Neuköllner Maxim P. verurteilt worden. Der gebürtige Inder mit deutscher Staatsbürgerschaft hatte im März in der Kreuzberger Szenekneipe „Café Anfall“ einen Kellner erschossen und zwei Gäste zum Teil schwer verletzt. Das Landgericht ordnete außerdem die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die Begründung: Eine „schwere Persönlichkeitsstörung und latente Züge von Schizophrenie“ seien letztlich die Ursache für die Tat und den unerlaubten Waffenbesitz, sagte Richterin Daniela Solin-Stajanovic. Maxim P. sei eine Gefahr für die Allgemeinheit, weitere Taten seien ohne Behandlung nicht auszuschließen. Sie sagte jedoch auch, die krankhaften Angstgefühle des Angeklagten seien durch die rassistischen Vorfälle in Deutschland verschärft worden und hätten zu seinem Waffenkauf geführt.
Nach ihrer Darstellung hatte Maxim P. am Samstag, dem 13. März, am U-Bahnhof Hermannplatz die 18jährige Schülerin Elisabeth H. angesprochen und sich mit ihr in der Nacht des 14. März um Mitternacht im Café Anfall verabredet. In der Kneipe sei Maxim P. der jungen Frau, so die Richterin weiter, „zunehmend lästig“ geworden. Sie „war wiederholt damit beschäftigt, Berührungen abzuweisen“. Als die junge Frau im Nebenraum ihren Bekannten Thomas M. entdeckte, wechselte sie an dessen Tisch. Der Angeklagte aber „glaubte ein Anrecht auf die Gegenwart der Zeugin an seinem Tisch zu haben“ und habe sich zu ihnen gesetzt. Thomas M. habe zunächst versucht, Maxim P. zum Gehen zu bewegen. Schließlich sei er aufgesprungen, habe mit der Hand auf den Tisch gehauen und gesagt: „Verpiß dich“. Der Angeklagte habe das Lokal verlassen, draußen die mitgeführte Waffe geladen, sei zurückgestürmt und „schnurstracks“ auf Thomas M. zugegangen. Dann habe er auf dessen Kopf gezielt und aus nur zwei Meter Entfernung geschossen. Thomas M. wurde am Hals getroffen und habe „ungeheures Glück gehabt, daß der Schuß ihn nicht tötete und auch nicht zur Querschnittslähmung führte“.
Maxim P. sei dann in Richtung Ausgang gestürzt. Dort wollte ihn der 30jährige Rolf K., der Florian Vogelsang genannt wurde und ausnahmsweise im Anfall kellnerte, festhalten. Maxim P. schoß zweimal und traf den Performer im Oberkörper. Er starb kurz darauf an inneren Blutungen. Auf der Straße verletzte Maxim P. einen weiteren Gast. Er floh mit dem Taxi, stellte sich jedoch am nächsten Tag der Polizei.
Während des Prozesses machte der Angeklagte zur Sache keine Aussagen. Zuvor hatte er vor Zeugen gesagt, er sei von Thomas M. „grob beleidigt“ und als „Bombenwerfer und Asylant“ beschimpft worden. Die Strafkammer hielt diese Version für widerlegt. Das Café Anfall sei kein Ort von Ausländerfeindlichkeiten. Zwar sei die Aufforderung „verpiß dich“ nicht besonders freundlich, aber eine „angemessene“ Reaktion „auf die penetrante Art, mit der sich Maxim P. immer wieder an die Zeugin herangemacht habe“. Sabine am Orde
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