: Rollenspiele zum Start der Polit-Saison 93-97
■ Bürgerschaft: CDU gegen SPD, SPD gegen CDU, GAL optimistisch, Wegner auch
Vorhang auf zur Polit-Theater-Saison 93-97. Am ersten Debattentag der neugewählten Bürgerschaft versuchten sich Hamburgs Politdarsteller gestern schon mal in ihren neuen Rollen.
Das erste Drehbuch hatte Ole von Beust mitgebracht. Unter der Überschrift „Entscheidungsstillstand gefährdet den Standort Hamburg“ mühte sich der neue CDU-Fraktionschef daran ab, die Koalitions-Unentschlossenheit der SPD für eine „Dramatisierung der Probleme Hamburgs“ verantwortlich zu machen.
Ein Auftritt, der noch ein wenig plump geriet: Soundsoviele Verbrechen, soundsoviele Tonnen Müll, soundsoviele ausgefallene Schulstunden, und das alles während der Koalitionsverhandlungen. Von Beust identifizierte eine klare „Ursache für Politikverdrossenheit“. Der Applaus fiel entsprechend mager aus.
Leichter hatte es die SPD. Sie griff trotz verlorener Mehrheit einfach auf die Partitur der vergangenen Legislaturperiode zurück. Sprecher Werner Dobritz stellte sich wie gewohnt schützend vor den Senat, beschimpfte wie gewohnt die CDU, deren Demokratiedefizite die Neuwahlen ja erst nötig gemacht hätten und damit auch die Koalitionsverhandlungen. Nur SPD-Fraktionschef Günter Elste wagte einen kleinen Vorgriff auf die Zeit nach dem von ihm so sehr gewünschten Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit der GAL und stichelte schon mal ein bißchen gegen Krista Sager. Die GALierin, so Elste, möge ihre Verbesserungsvorschläge künftig doch lieber in der freien Wirtschaft machen.
Krista Sager selbst dachte dagegen noch nicht an ihren Abschied von der Parlamentsbühne. Im Gegenteil. Sie schlüpfte gestern mal wieder in die Rolle der rot-grün-Optimistin: „Der Stillstand wurde abgewählt“, „Wir haben die Chance, endlich konsequente Schritte in Richtung politischer Innovation einzuleiten.“
Auch Statt-Partei-Chef Markus Wegner ließ durchblicken, welche Rolle er in den nächsten vier Jahren in der Bürgerschaft spielen möchte. Nächste Woche werde rot-grün so und so platzen. „Dann sehen wir weiter.“ uex
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen