piwik no script img

Bremer wollen weniger Streß

■ Angestelltenkammer macht „Gesundheit“ zum Gewerkschafts-Thema / Umfrage

Ältere Menschen haben weniger Ängst vor gesundheitsgefährdenden Umweltbedingungen als die Generationen bis 40, Frauen glauben, daß sie mehr auf ihren Körper und ihre Gesundheit achten, Teilzeitbeschäftigte haben mehr Zeit, um gesundheitsbewußt zu leben als Vollzeilbeschäftigte. Solcherart Ergebnisse hat eine großangelegte Umfrage zutage gefördert, die die Angestelltenkammer Bremen beim Zentrum für Sozialforschung in Auftrag gegeben hat. 30 Seiten lang waren die Fragen aufgelistet, immerhin 6.331 der 16.000 Angeschrieben haben sich die Mühe gemacht, sie zu beantworten. Pünktlich zum Kammerwahlkampf hat die Angestelltenkammer die Ergebnisse in einer dicken Broschüre veröffentlicht.

Hintergrund des Projektes, dessen Finanzierung aus Kammergeldern zwischen DAG und DGB-Gewerkschaften umstritten war, ist die politische Überlegung, daß Gesundheitsprobleme zu einem wichtigen Thema der betrieblichen Interessenvertretung werden sollten. Die subjektive Empfindung der Gesundheitsbelastung am Arbeitsplatz galten so viele der Fragen.

Da die Sozialwissenschaftler die Angaben der Befragten aber nicht mit objektiv meßbaren Daten kontrolliert haben, ist bei den meisten Ergebnissen der Studie nicht zu sagen, ob Unterschiede des Gesundheitsbewußtseins zutage gefördert wurden oder gesundheitsrelevante Tatbestände. Wenn zum Beispiel die unter 40jährigen, die den Fragebogen ausgefüllt haben, den Eindruck haben, daß sie wenig für ihre Gesundheit tun, dann kann das bedeuten, daß sie wenig für ihre Gesundheit tun oder es kann bedeuten, daß sie selbstkritischer beurteilen, was sie für ihre Gesundheit tun. Ähnlich ist es bei anderen Ergebnissen der Studie.

Im Rahmen der Gesundheitsbefragung war nicht „mehr Lohn“ ihre erste Forderung, sondern mehr Mitbestimmung und Entlastung vom Streß. In die Tarifauseinandersetzungen haben derartige Aspekte bisher wenig Eingang gefunden.

Wirklich gesundheitsbewußt leben nach eigenen Angaben nur 225 der 6.000 Menschen, die den Fragebogen beantworteten. Die Wissenschaftler vom Zentrum für Sozialpolitik haben einen „Parcours“ aus den Angaben konstruiert: Da fielen die ersten 2000 Befragten schon deshalb raus, weil sie rauchen. Von den übrig gebliebenen 4000 ArbeitnehmerInnen trinken 850 „oft oder sehr viel“, 250 ernähren sich schlecht und 1.000 gaben an, daß sie sich nicht schonten, wenn es ihnen körperlich schlecht gehe.

Trotzdem glauben 2/3 der Befragte, daß sie bis zur Rente arbeiten gehen können. Bei Beschwerden am Arbeitsplatz wird nicht der Betriebsrat eingeschaltet, sondern der Arzt konsultiert oder der Chef angesprochen. Und insgesamt sind die befragten Bremer ziemlich zufrieden mit ihrem Leben in dieser Stadt. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen