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„Wir sind gern ein bißchen ratlos“

■ Festival „Fließende Grenzen“ zum zehnjährigen Jubiläum des „L'Art Pour L'Art“-Trios

Ein Trio für moderne Musik? Wer denkt da schon an Flöte, Gitarre und Schlagzeug? Seit zehn Jahren gibt es L'Art Pour L'Art, das Hamburger Ensemble für Gegenwartsmusik: Astrid Schmeling, Michael Schröder und Matthias Kaul, die sich ursprünglich für ein Konzert zusammengetan hatten, verfolgen nach demokratischem Entscheidungsprinzip die Wege zeitgenössischer Komponisten. Stehen größere Besetzungen auf dem Programm, suchen sie sich Verstärkung im Kreis befreundeter MusikerInnen.

Bei Insidern ist L'Art Pour L'Art längst etabliert, aber von Popularität oder gar kommerziellem Erfolg ist das Trio aus programmatischen Gründen weit entfernt. „Unsere Musik ist kein Produkt, das für die Masse vergewaltigt werden kann. Diese Musik funkioniert in Club-Atmosphäre“, so Matthias Kaul, Schlagzeuger „und mehr“, der 250 Zuhörer bei einem Konzert ideal findet. Das Minus auf dem Konto ist ihm lieber, als die Gefahr, im großen Saal nicht alle erreichen zu können. Das hat nichts mit elitärem Gehabe zu tun, sondern liege oftmals an den „akustischen Raffinessen der Kompositionen.“

Im Rückblick auf die ersten zehn Jahre L'Art Pour L'Art steht vor allem die Begegnung mit Komponisten, die Auseinandersetzung mit möglichst vielen Werken aus einer Feder im Vordergrund: Matthias Kaul nennt Hans Werner Henze, zu dessen 60. Geburtstag man zusammenarbeitete, den Koreaner Isung Yun, dessen freier Umgang mit europäischer Kultur besonders faszinierte und die Konzerttourneen mit Vinko Globokar. Eine besondere Erfahrung ergab sich aus der Beschäftigung mit Per Norgards Musik: „Für uns eine eindrucksvolle Musik. Eindrucksvoll ist auch, daß sich bei uns niemand dafür interessiert. Auch Neue Musik hat gewisse Marktgesetze.“ L'Art Pour L'Art leistet sich, solche Regeln zu umgehen, auch durch konsequente Auslassungen, wenn eine Musik nicht interessiert - Karlheinz Stockhausen ist so ein Fall.

Die Musikprojekte für Kinder sind inzwischen Geschichte, die Ausflüge in den Grenzbereich zwischen Musik und Theater gehören weiterhin zum Konzept. Als inzwischen überflüssige Grenze soll die Trennung zwischen sogenannter U- und E-Musik aufgehoben werden. Viel lieber spricht Matthias Kaul deshalb von Gegenwartsmusik als von Neuer Musik. Unter diesem Tenor fand 1992 erstmals das Festival Fließende Grenzen statt. Mit dem zweiten Festival, das morgen (3.11. Opera Stabile) vom Trio Ugly Culture eröffnet wird, feiert L'Art Pour L'Art mit Uraufführungen einiger Geburtstagskompositionen (12.11., Opera Stabile) und einem Musiktheaterprogramm (20.11., Kampnagel) sein zehnjähriges Bestehen. Co-Veranstalter sind neben der Kulturbehörde wie im letzten Jahr die Gesellschaft für Neue Musik Hamburg und Ton Art Hamburg. Matthias Kaul wünscht sich, daß es eine Tradition wird.

Zu den nächsten L'Art Pour L'Art-Projekten gehören eine Tournee mit Stücken von Mauricio Kagel und eine Zusammenarbeit mit Carla Bley, gemeinsam soll auch eine CD entstehen. Die drei Musiker benötigen Zeit für eigene Projekte, Matthias Kaul arbeitet an Film- und Theatermusiken.

Was wird L'Art Pour L'Art in zehn Jahren machen? Eine unmögliche Frage. Der Begriff der Gegenwartsmusik kommt zum Tragen: „Wir wissen nicht, was kommt. Wir sind gerne ein bißchen ratlos.“

Niels Grevsen

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