: Winterschlaf exakt getimt
■ Im Zoo verkriechen sich die ersten Tiere / Aufsichtsrat der Tierparks in West und Ost soll paritätisch besetzt werden
„Noch vor wenigen Tagen zeigten sie sich putzmunter und hatten einen guten Appetit. Jetzt verweigern sie jeden Bissen und blinzeln nur noch schläfrig umher.“ Was, Sie wissen nicht, wer gemeint ist? „Sicherer als jede Wettervorhersage zeigen sie den Beginn der kalten Jahreszeit an, je müder sie wirken, um so näher rückt der Winter.“ Ist der Groschen jetzt gefallen? „Bald werden sie in den Winterschlaf fallen und dabei sowohl die Atem- wie auch die Herzfrequenz und Körpertemperatur langsam absenken und mit minimalstem Energieverbrauch die unwirtliche Jahreszeit bis in den April verbringen.“ Jawohl! Es geht um die herzallerliebsten Kuscheltiere mit den dunklen Knopfaugen, langen Vorderzähnen und dem buschigen Schwanz, die mit ihrem Pfiff jeden Gassenjungen auszustechen vermögen. Eigentlich sind sie in den Alpen zu Hause, aber ein paar von ihnen fristen ihr Dasein in großstädtischer Gefangenschaft, bar jeder Intimsphäre wie Maschinen exakt auf die Minute getimt. „Die Murmeltiere des Zoos gehen am Dienstag, den 2. November um 11 Uhr in den Winterschlaf“, so die wörtliche Einladung des Zoos zum gestrigen Pressetermin. „Um pünktliches Erscheinen wird gebeten.“
In den Winterschlaf geschickt werden sollen jetzt auch Teile des Aufsichtsrats von Zoo (West) und Tierpark (Ost). Ist das die Rache für den geplanten Schlangenraub aus dem Tierpark? Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diegen hat jetzt einen entsprechenden Senatsbeschluß mitgeteilt, wonach der gemeinsame Aufsichtsrat fürderhin ost-west-paritätisch zusammengesetzt sein soll. Bislang sind nur West-Honoratioren in dem Gremium vertreten. Auf ihrer nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag werden sie das Thema Schlangenraub noch einmal behandeln und den anstößigen Ost-West-Transfer rückgängig machen. Inzwischen sind 30.000 Protestunterschriften beim Betriebsrat des Tierparks eingegangenen. Auch die BVV Lichtenberg hat einstimmig für den Erhalt des Reptilienfonds in ihrem Bezirk gestimmt. plu
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