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Stampede der Kanarienvögel

■ UEFA-Cup: Norwich City - Bayern München 1:1 (Hinspiel 1:2) / Die Bayern verabschieden sich als einziges Bundesliga-Team aus dem Europapokal

Berlin (taz/dpa) – Sie haben aber auch ein Pech, diese Bayern aus München. Immer erwischen sie die dicksten Brocken, während sich andere Bundesligisten an „Topfenmannschaften“ (Franz Beckenbauer) delektieren dürfen, die man „auch mit einem Reserveteam besiegen“ kann. Vor zwei Jahren die Fußballgiganten aus Kopenhagen, in der vergangenen Saison durften die Bayern nicht mittun, weil neun europäische Spitzenmannschaften in der Bundesliga vor ihnen landeten, und nun, schon in der 2. Runde, ausgerechnet Norwich City, und nicht etwa „Domoprowski oder wie der Kas da heißt“ (Beckenbauer). Nein, findet da der Vizepräsident bei solchermaßen menschenfeindlichen Bedingungen: „Uns kann jetzt keiner mit Häme kommen.“

Quertreiber gibt es jedoch immer, und besonders einen, der kaum eine Aussage seiner Vorgesetzten unwidersprochen lassen mag. „Wenn Leute sagen, wir seien gegen eine Spitzenmannschaft ausgeschieden, bin ich anderer Meinung“, läßt Deutschlands bester Ausputzer, Lothar Matthäus, die Leute wissen. „Für mich ist Norwich ein absolutes Durchschnittsteam.“ Aber ein englisches eben. Und gegen die sahen die Bayern noch nie sonderlich gut aus.

Wie schon bei ihrem 2:1-Sieg im Hinspiel rückten die „Kanarienvögel“ aus dem Osten der Insel den Bayern auch an der heimischen Carrow Road mit unbändigem Kampfgeist zuleibe und ließen sich selbst durch das schnelle Gegentor von Valencia in der fünften Minute nicht beirren. Die Münchner kamen kaum zu einem geregelten Spielaufbau, wurden oft schon in der eigenen Hälfte in die Enge getrieben, und das technisch perfekte Laufwunder Ruel Fox brachte Bayerns sonstige Triebfeder Christian Ziege in Offensive wie Defensive an den Rand der Verzweiflung. Da sich der erwähnte Ausputzer wie gewohnt kaum über die Mittellinie traute, herrschte im Bayern-Team komplette Einfallslosigkeit, lediglich Jorginho war für ein paar ausgefallene Ideen gut.

Nach dem wohlverdienten Ausgleich durch Goss (51.) hätte nur noch ein sehr glückliches Tor die Verlängerung bringen können, und als Matthäus dann am Ende doch noch das Abenteuer Mittelfeld wagte, war es längst zu spät. „Was soll ich zehn Minuten im Mittelfeld ausrichten, wenn die Bälle über mich hinweg gespielt werden“, grantelte er, und wo er recht hat, hat auch ein Lothar Matthäus recht. Am Ende war er so frustriert, daß er bei seinem ersten Besuch in Gegners Strafraum gleich Torhüter Gunn an die Gurgel ging, als sei dieser ein niederländischer Oktoberfestbesucher.

Norwich konnte es sich in der hektischen Schlußphase sogar leisten, mit dem 18jährigen Akinbiti einen Spieler einzuwechseln der geradezu aufreizend gelassen an der Mittellinie herumstand und auf Konterchancen wartete, während seine Kollegen weiter aufgedreht über das Feld düsten. Dann war Schluß, und die 20.643 Zuschauer im Stadion sangen glücklich „Always look at the bright side of life“, eine Betrachtungsweise, zu der man auch Franz Beckenbauer raten kann. Vielleicht dürfen die Bayern im nächsten Europacup ja tatsächlich mal gegen „Domoprowski“ spielen. Frankfurts Trainer Klaus Toppmöller gibt sicher gern ein paar Tips, welche Reservisten die Münchner dann am besten aufbieten. Matti

Bayern München: Aumann - Matthäus - Kreuzer, Helmer - Schupp, Jorginho, Wouters (77. Sternkopf), Nerlinger, Ziege - Valencia, Witeczek (69. Scholl)

Zuschauer: 20.643; Tore: 0:1 Valencia (5.), 1:1 Goss (51.)

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