Wettkampf Siemens gegen Hochbauamt

■ Wissenschafts-Senator will Uni-Bauten schneller und billiger machen / Staat soll dabei von Siemens lernen

Weit über eine Milliarde Mark soll in den kommenden zehn Jahren an der Bremer Universität investiert werden — ein großer Teil davon in Neubauten. Kein Wunder, daß bei so einer Summe bereits im Vorfeld das Hauen und Stechen um die Aufträge beginnt. Kein Wunder auch, daß sich hier ein Konzern ganz besonders hervortut, der in Bremen immer dann in Erscheinung tritt, wenn es gilt, ans große Geld zu kommen: Siemens.

Gestern hat der Haushaltsausschuß der Bürgerschaft einem Verfahren zugestimmt, das Siemens — ohne Konkurrenten eine Chance zu geben — zum Generalunternehmer für den 25-Millionen-Auftrag zum Bau eines neuen Gebäudes für den Studiengang Produktionstechnik macht. „Wir wollen an diesem Beispiel einmal studieren, mit welchem Projektsteuerungsmanagement ein erfahrenes Großunternehmen dabei für Kostensicherheit sorgt“, begründet der zuständige Referatsleiter im Wissenschaftsressort, Norbert Krause, die Siemens-Entscheidung. Der 25-Millionen-Auftrag solle dabei „nicht zu einer Dauerehe mit Siemens führen“, sondern „wir hoffen, daß wir und insbesondere auch das als Bauherr auftretende Hochbauamt dabei etwas lernen werden“.

Um den Unterschied zwischen Siemens-Management und dem staatlichen Bremer Hochbauamt dabei besser studieren zu können, hat das Wissenschaftsressort ein zweites, in Umfang und Zeitplan sehr ähnliches Bauvorhaben, direkt ans Hochbauamt gegeben. Dabei handelt es sich um ein „Seminar- und Forschungsverfügungs- Gebäude“ zum Preis von ebenfalls rund 25 Millionen Mark.

„Wir stellen uns diesem Wettbewerb“, nimmt der für das Hochbauamt zuständige Abteilungsleiter im Bauressort, Zantke, die Herausforderung an. Gerade in Zeiten, in denen „Privatisierung das große Zauberwort ist“, könne das Hochbauamt jetzt beweisen, „daß das altbewährte Verfahren durchaus auch für solche Großprojekte geeignet ist“.

Mit der Vergabe an Siemens begebe sich Bremen nämlich „in große Abhängigkeit“, so Zantke. Und wie das dann ende, sei besonders anschaulich an der Schule Holter Feld zu sehen, die in den 70er Jahren vom Generalunternehmer Neue Heimat auch besonders billig gebaut, heute aber bereits wieder halb verfallen sei. Zantke: „Billiger kann man immer bauen, aber Bremen ist eigentlich zu arm, um sich billige Sachen zu leisten, die schon nach 20 Jahren wieder kaputt sind.“

Im Wissenschaftsressort wird dagegen beklagt, daß sich das Hochbauamt in der Vergangenheit als ein zu langsamer und zu teurer Bauträger erwiesen habe. Da kam Wissenschaftssenator Henning Scherf das Siemens-Angebot gerade recht. Bundesweit hatte sich Siemens an die Hochschul-Behörden mit Komplett- Angeboten für neue Gebäude gewandt. In einem Gespräch mit Scherf war dabei vereinbart worden, daß Siemens die Planung zunächst auf eigene Kosten beginnt. Denn schließlich muß vor einer Vergabe noch das Ergebnis der in dieser Woche begonnenen EG-weiten Ausschreibung abgewartet werden. Doch angesichts des Zeitvorsprungs gibt es keine Zweifel daran, daß Siemens den Zuschlag bekommen wird.

Besonderen Ärger hat dieses Verfahren bei der Bremer Architektenkammer ausgelöst. Denn deren Mitglieder hatten sich gut mit dem traditionellen Verfahren arrangiert. Aufgrund ihrer prozentualen Honorare hatten sie dabei allerdings ein ökonomisches Interesse, Baumaßnahmen möglichst teuer werden zu lassen. Damit ist mit dem Festpreisangebot eines Generalunternehmers Schluß. Denn der muß, wie jetzt zum Beispiel Siemens, zwar auch Architekten beschäftigen, hat aber ein Eigeninteresse, die Baukosten möglichst niedrig zu halten.

„Ich bin der Meinung, daß es nicht nur erlaubt, sondern sogar geboten ist, angesichts des immer teurer werdenden öffentlichen Bauens nach Möglichkeiten effizienterer Vorgehensweisen zu suchen“, schrieb Wissenschaftssenator Scherf inzwischen an den Architektenkammer-Präsidenten Turk. Dirk Asendorpf