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Der Griff ins Gehirn

■ Hirngewebe erfolgreich verpflanzt

Düsseldorf (taz) – Die Verpflanzung von Hirngewebe scheint Routine zu werden. Bei über 400 Patienten ist diese Methode bereits angewandt worden, um Störungen im Gehirn zu behandeln. Bisher waren es vor allem Patienten, die an der Parkinson-Krankheit leiden. In der Tschechoslowakei wurden aber auch schon Schizophrene behandelt, und in China verpflanzten Ärzte Hirngewebe um die Intelligenz zu steigern.

Griff man anfangs noch auf Hormondrüsengewebe oder Zellen des Nebennierenmarks zurück – mit teilweise tödlichen Folgen für die Patienten –, setzte sich in den letzten Jahren immer mehr die Verpflanzung von Hirngewebe durch. Über eine erfolgreiche Behandlung von Parkinson-Patienten berichtete auf dem Neuro-Worlds- Kongreß des Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalens in der vergangenen Woche der Medizinforscher Hagan Widner von der Universitätsklinik Lund in Schweden. Er und seine Kollegen hatten Hirngewebe von acht bis zwölf Wochen alte Föten in das Gehirn von insgesamt acht Patienten transplantiert. Mit dieser Methode sollte das Gehirn wieder dazu gebracht werden, einen Botenstoff, Dopamin, zu produzieren. Bei Parkinson-Kranken führt der Mangel an diesem Botenstoff zu drastischen Störungen der Bewegungsabläufe. Zum Teil können sich die Erkrankten nur noch wie in Zeitlupe bewegen. Wie Widner eindrucksvoll darstellte, veränderte sich der Zustand bei mehreren Patienten schlagartig nach der Behandlung. Und auch „vier Jahre nach der Operation geht es den Patienten sehr gut, ohne das sie weiter Medikamente zu sich nehmen müssen“, berichtete Widner.

Für die Gewebetransplantationen können die Mediziner nur lebendes Gewebe benutzen. Da Gehirnzellen ohne Sauerstoff-Zufuhr schon nach wenigen Minuten absterben, greifen die Mediziner auf das „Substrat“, so Widner, von abgetriebenen Föten zurück. Mit Nachdruck wies der schwedische Forscher darauf hin, daß die in Schweden gültigen Richtlinien eingehalten werden. Die Frauen werden gefragt, ob die Föten weiter verwendet werden dürfen, und auch die Abtreibungsmethode sei nicht geändert worden. „Die Frauen werden nicht dazu gezwungen“, so Widner.

Nicht auszuschließen ist jedoch, daß in Zukunft – wie beim Organhandel – auch mit embryonalen Hirngewebe ein Handel betrieben wird. Sollte sich diese Technik weiter durchsetzen, und die erfolgreiche Behandlung von Krankheiten möglich sein, wird es einen großen Bedarf für Transplantationsgewebe geben. Wolfgang Löhr

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