: Klöckneraner wollen besetzen, wenn...
■ Heute Aufsichtsratsentscheidung in Duisburg / Thyssen und Hoesch schweigen sich aus
Wenn der Aufsichtsrats der Klöckner-Werke Duisburg heute vormittag nicht einen klaren Beschluß zum Erhalt der Bremer Hütte faßt, dann wollen die Stahlarbeiter an der Weser ihren Betrieb besetzen. Dies deutete der Betriebsrat gestern auf einer Presssekonferenz an.
Von „Reaktionen ungeahnten Ausmaßes“ sprach Betriebsratsvorsitzender Peter Sörgel, die Belegschaft werde überlegen, „wie wir unser Eigentum, unsere Produktionanlagen und unsere Produkte schützen“ können gegen das „Ausraubmodell“. Sörgel deutete auf der kurzfristig einberufenen Pressekonferenz immer wieder Kampfmaßnahmen an (“Wir werden es uns nicht gefallen lassen...“), meinte aber auf die siebte Nachfrage, was denn nun in der Hütte konkret geplant sei: „Noch konkreter werde ich das nicht machen.“
Auch eine sog. „Öffnungsklausel“, nach der noch einmal über das Thyssen-Angebot verhandelt werden sollte, würden die Bremer als Entscheidung gegen ihre Hütte interpretieren.Am Freitag wird eine Versammlung der Vertrauensleute der IG Metall bei Klöckner über das Ergebnis der Aufsichtsratssitzung beraten.
Der „letter of intend“ des Thyssen-Hoesch-Konsortiums sei ihm bekannt, meinte Sörgel, da werde ganz offen die Stillegubng der gesamten „Warmphase“ des Stahlwerkes versprochen. 400 Millionen Ecu werde die europäische Stahlindustrie für diesen Kapazitätsabbau auf den Tisch blättern, steht in dem Thyssen-Papier (vgl. Seite 6)
„Wir wollen für unseren Vorschlag keine weitere PR machen“, sagt der Konzernsprecher von Thyssen dagegen lakonisch. Auch in Dortmund bei Hoesch ist in diesen Tagen zu dem Bremer Thema nichts zu erfahren — angeblich weiß die Pressestelle des Stahl-Unternehmens nicht einmal, daß heute die Klöckner- Aufsichtsratssitzung stattfindet.
Keinen Kommentar will man in Dortmund auch abgeben zu der Meldung der Zeitschrift „Capital“ von Anfang November, daß der Krupp/Hoesch-Konzern mit 6 Milliarden Schulden belastet ist. Das bedeutet allerdings, daß etwa die Deutsche Bank als Gläubigerin bei Hoesch mit einem sehr viel größeren Risiko drinsteckt als in Bremen nach dem Vergleich, in dem sie auf ein Gutteil ihrer Forderungen schon verzichtete. Zum Vergleich: In Bremen sind nur 7-800 Millionen an Schulden übrig geblieben, allerdings hat die Bremer Stahlhütte auch nur ca. 1/3 der Kapazität.
Und sie hat nur eine schmale Produktpalette. Darauf haben Thyssen-Vertreter immer wieder hingewiesen. Auch der erforderliche Vergleich habe gezeigt, daß die Klöckner Stahl-GmbH ein schwaches Unternehmen sei. Da aber in Europa Stahl-Kapazitäten im Warmbereich abgebebaut werden müßten, so die Philosophie des Thyssen-Position, dann eben dort, wo der schwächste Anbieter ist.
Gewichtiger als derartige Argumente sind aber sicherlich die Interessen der beteiligten Banken und Landesregierungen. Sowohl Nordrhein-Westfalen und die WestLB wie die Deutsche Bank müssen derzeit alles daran setzen, einen größeren Einbruch bei Krupp/Hoesch in Dortmund zu vermeiden. Auch die RWE als Stromlieferantin der Stahlwerke an der Ruhr ist erheblich — den Klöckner-Betriebsräten in Bremen wurde gestern ganz mulmig, als sie die Bataillone ihrer Gegner aufzählten.
K.W.
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