Bußgeld ahoi

■ Aus einem Knöllchen wurde eine Geldstrafe

Es sei eine „dümmliche Unsitte der Bullen“, Verwarnungsgelder an unschuldige Autobesitzer zu verschicken, auch wenn sie ihren Wagen nur verliehen haben. Was kann man schließlich dafür, wenn ein guter Freund das Auto falsch parkt? „Die verdammte Bullenbrut lügt wiedermal. Die Bullen der Wache 12 nötigen mich übrigens nicht zum ersten Mal.“

Diese Erklärung schickte Bernd S. (47) auf einem Anhörungsbogen zum Stadtamt. Er wollte damit erklären, daß er das Knöllchen, das am Tag nach Neujahr 1992 an seinem Wagen klebte, nicht zu verantworten habe und ergo nicht zu bezahlen gedenke. „Also, Bußgeld ahoi“, grüßte er ans Stadtamt. Und die grüßten zurück: Anzeige wegen Beleidigung, ein Strafbefehl über 40 Tagessätze zu 50 Mark, macht 2.000 Flocken.

Bernd S. legte Widerspruch ein. Gestern wurde der vor dem Amtsgericht verhandelt. „Ich habe das nicht geschrieben“, erklärte S. vor dem Richter. Es sei „eine Masche der Staatsanwaltschaft, so einen Fliegenschiß zum Kuhfladen“ auszubreiten, „vor allem, wenn es durch Bullenhand passiert.“

Passiert sei tatsächlich folgendes: Er habe den Anhörungsbogen vom Stadtamt zunächst blanko unterschrieben und adressiert, dann erst in die Schreibmaschine gespannt. Wegen einer Unpäßlichkeit (S. leidet an Diabetis) sei es zur Stellungnahme nicht mehr gekommen. Stattdessen habe er, S., einen Freund angerufen und ihn gebeten, vorbeizukommen.

Der kam und wußte auch, „was man schreiben muß, damit man Ruhe hat“.Dann habe er den Anhörungsbogen in oben genannter Weise ausgefüllt und verschickt, ohne daß S. ihn vorher noch einmal zu lesen bekommen habe. Die Identität seines Freundes mochte S. nicht bekannt geben.

Warum ihm das nicht früher eingefallen sei, will Amtsrichter Mertens vom Angeklagten wissen, der Strafbefehl stamme immerhin vom 18. Mai 1992. „Das mag Sie überraschen, andere überrascht es nicht“, sagt S., der das auslösende Knöllchen aus gutem Grund nicht bezahlt hat: „Ich zahle grundsätzlich nicht.“ Überhaupt sei er zwar der Halter, aber nicht der Eigentümer des Autos, erklärte der Angeklagte weiter, aus versicherungstechnischen Gründen. „Ich werde derzeit vom Senator für Soziales bezahlt, da bleibt wenig übrig.“

Der Richter glaubt ihm von all dem nur, daß er Sozialhilfe bezieht. Begründung: „Sie haben hier ihre Einlassungen in der gleichen Terminologie gemacht, wie sie auf dem Anhörungsbogen verwendet worden ist.“ Deshalb wird die Höhe der Tagessätze von 50 auf 15 Mark reduziert, nicht aber die Zahl. Insgesamt kamen gestern 600 Mark Geldstrafe für S. heraus, zahlbar in Monatsraten zu 25 Mark. S. kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an. mad