: Am Herzen vorbei
■ Theorie & Praxis der Computerkunst im „Frauen Computer Zentrum“
„Ein bißchen geübt - im 1. Studienjahr.“ Die Trickfilmstudentin Stefanie Jordan läßt auf ihrem Video Kreise hüpfen: Bälle. Und Balken wachsen: Skyline. Eine kleine Schulstunde in Computeranimation, für die Studentin und ebenso für die Zuschauerin, für die eine Kunst wie Computervideos bislang fernab ihrer Sehgewohnheiten weilte. Macht der Computer nun die Videos oder wird gar der dröge Bildschirm einfach abgefilmt? Lehrende und Lernende finden sich also regelmäßig im Frauen Computer Zentrum im Bremer Frauenstadthaus zusammengefunden haben - diese Woche zum Thema „Computerviedos“.
Im Zentrum nämlich geben sich die PC-Frauen nicht damit zufrieden, daß sie Tasten, blinkende Errors und am Ende ganze Systeme zu beherrschen lernen. Einmal im Monat laden Melanie Schütte und Dagmar Klenke zum Thema Frau, Gesellschaft und Computer und diskutieren und informieren darüber, wie die rauschenden Kästen in jederfraus Lebensalltag hineinragen. Augenentspannung lag da bereits an, Weiterqualifizierung und Gewerkschaften, und nun die Kunst eben.
„Computer und Videos passen gut zusammen“, meint Dagmar Klenke. Experimentelles ist das Endprodukt dieser Symbiose. Zumindest in den Werken, die vom Frauenkulturhaus TheaLit an diesem Abend exemplarisch vorgeführt werden. Die Künstlerinnen spielen damit, Grafiken in Bewegung zu bringen und mit Realaufnahmen, mit Lichtreflexen zu mischen. Sinuskurven, Piktogramme, Projektionsfahrten, Baukästen - all das fügt zusammen. Der Sound und der Rhythmus von Computerspielen wird in die Berglandschaft gesampelt, per Blueboxverfahren werden blaue Hintergründe plötzlich bunt.
Was passiert z.B., wenn du deine Bilder und Sequenzen nur noch mit Yes oder No auswählen kannst? fragt sich Kathleen Rogers in ihrem Video The art of losing memory von 1991. Denn der Computer kennt keine Gnade: Bilder können nämlich nur einzeln angeklickt werden, alles läuft über Zeitraffer und über ein Malprogramm, dem sich die Künstlerin irgendwann nur noch blindlings unterwirft, es einfach einblendet und stehenläßt.
Wer mit dem Computer arbeitet, macht andere Bilder - Rogers Reflexion spricht auch die zuschauenden Frauen an. Eine Malerin fühlt sich darin bestätigt, daß technisierte Kunst das Herz nur schwer erreicht. Die Amateur-Filmfrau begeistert sich für das andere PC-Gesicht, auf dem ihr sonst nur Tabellen, Diagramme, Linien entgegenstechen. Computervideos als Heilmittel? wird die Kunsttherapeutin gefragt. Utopie, vielleicht.
Silvia Plahl
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