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Noch kein Nachfolger für Kruse

■ KandidatInnen für Bischofsamt ohne Zweidrittelmehrheit

Bekommt Berlin eine Bischöfin? Seit gestern sitzen 236 Vertreter der evangelischen Gemeinden und Kirchenkreise Berlins und Brandenburgs zusammen, um über die Nachfolge von Bischof Martin Kruse zu entscheiden. Drei KandidatInnen stellen sich der Synode im Spandauer Johannesstift zur Wahl: der Heidelberger Theologe Wolfgang Huber (51 Jahre), sein Naumburger Kollege Rüdiger Lux (47) und die Brandenburger Ausländerbeauftragte Almuth Berger (50). Beim ersten Wahlgang gestern nachmittag konnte keiner von ihnen die erforderliche Zweidrittelmehrheit hinter sich bringen. Der einzige Wessi unter den Kandidaten, Wolfgang Huber, hat nach der ersten Runde die Nase vorn. Mit 87 Stimmen liegt er aber noch fast 70 Stimmen unter dem Soll. Der zweite Wahlgang wurde erst nach Redaktionsschluß durchgeführt. Bis zu fünf Gänge sind möglich.

Eigentlich ist die Wahl ein Heimspiel für die einzige Frau unter den Kandidaten: Almuth Berger engagierte sich bereits zu DDR-Zeiten als Gemeindepfarrerin in Berlin in der Ausländerarbeit und ist seit 1991 Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg. In einer sehr politischen Predigt rief sie im Oktober die Kirche auf, sich einzumischen, wo Frieden und Gerechtigkeit in Gefahr seien. Berger könnte, ebenso wie Lux, ein „Ost-Bonus“ zugute kommen – 125 Synodalen kommen aus dem Osten. Ängste und Schwächen der „Verlierer der Einheit“ kennt sie: „Wir sollten Sehnsucht nach nationaler Identität ernst nehmen“, mahnte sie. Rassistischem Nationalstolz müsse die Kirche aber Widerstand entgegensetzen. Sie erhielt 64 Stimmen.

Der ehemalige Kirchentagspräsident Wolfgang Huber machte zuletzt von sich reden, als er eine Loslösung der Kirche vom Staat forderte. Vor allem die Struktur der Militärseelsorge in der Bundesrepublik müsse geändert werden. Mit einem ganzen Strauß wohlwollender Adjektive versieht dpa den Heidelberger Theologen: „Namhaft“, „gewieft“, „charismatisch“ und „rhetorisch brillant“ sei Huber; allerdings meinten einige Vertreter der Ostgemeinden, Huber sei ihnen „zu glatt“.

Leisere Töne schlägt Rüdiger Lux an. Als Bischof will er eine bescheidene und staatsferne Kirche führen und damit an alte Tugenden der Kirchen in der DDR anknüpfen. Lux engagierte sich in der Bürgerbewegung und gründete 1989 das Neue Forum im Kreis Naumburg. Seine stille, unauffällige Art bringt dem Theologen vor allem die Sympathien seiner ostdeutschen Landsleute. Kai Strittmatter

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