: Faces: Festival zeitgenössischer Musik in der Fabrik
Seit sich die Künstler aus der ehemaligen Sowjetunion frei bewegen können, haben Jazz-Liebhaber in Deutschland die Gelegenheit, sich ein Bild zu machen, wie unter schwierigen Bedingungen Jazz und improvisierte Musik nicht nur über die Jahre überlebt, sondern sich zu neuen, unkonventionellen Formen entwickelt haben. Nun hat sich die sogenannte Avantgardeszene aus den GUS-Staaten einen guten Ruf erarbeitet, doch in Hamburg waren diese Vertreter „Neuer Musik“ bisher kaum zu sehen. Zu groß ist für die Veranstalter das finanzielle Risiko, das hier durch die Kulturbehörde tragbar wurde.
Unter dem Motto Faces: Gesichter gegenwärtiger Musik treffen sich zwei Tage lang in der Fabrik deutsche und russische Vertreter des „postmodernen Free-Jazz“. Die Musik, die sich hinter diesem Begriff verbirgt, ist eine Mischung aus Jazz, Neuer Musik und traditioneller außereuropäischer Musik.
Sainkho Namtchylak und Peter Kowald sind die „bekannten“ Namen des Festivals. Die Sängerin aus Tuwa in Südsibirien und der Bassist aus Wuppertal treffen sich heute für eine gemeinsame Session. Eine seltene Kombination. Orientalische Tradition mischt sich mit zeitgenössischen Elementen in einem Gesang, der vier Oktaven umfaßt. Andererseits das Bass-Spiel eines Weltbürgers, der sich der Tradition des Free-Jazz verpflichtet fühlt. Zwei Trios ergänzen den ersten Abend. Letov-Shildkloper-Alexandrow sind mit Blasinstrumenten - Saxophon, Horn, Fagott - besetzt. Das Allophonics-Trio hat als Dreh- und Angelpunkt den Vater der russischen Avantgarde-Szene, den Schlagzeuger Vladimir Tarasov.Nicht weniger interessant dürfte auch der zweite Abend sein mit dem Hamburger Quartett Tisch 5 und dem Duo Guyvoronski-Volkov. Der Trompeter und der Bassist kommen, wie die meisten der Mitwirkenden der russischen Seite, aus St. Petersburg. Ein besonderes Projekt ist der letzte Akt des Festivals. Organisator Heinz-Erich Gödecke (Posaune) und Hans Schüttler (Klavier) begleiten mit eigenen Kompositionen die Bilder des Stummfilms Nosferatu von Murnau. Alexander Cowell
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