: „Ein ganz großes Menschenexperiment“
■ Köche gegen gen-manipulierte Nahrung / Ausstellung in der Verbraucher-Zentrale
Hamburger Köche wollen ihren Gästen keine gentechnisch veränderten Lebensmittel vorsetzen. „Wir haben eine große Verantwortung für jeden Teller Essen, den wir unseren Kunden servieren“, begründete Stefan Wohlfeil vom Hamburger Kochclub „Gastronom“ gestern den Boykott.
Die gesundheitlichen Folgen seien nicht geklärt, die Entstehung schädlicher Inhaltsstoffe könne nicht ausgeschlossen werden und besonders für AllergikerInnen bestünden unkalkulierbare Gefahren, weil die „neuen“ Lebensmittel auch neue Eiweißverbindungen enthalten könnten, erklärte der Koch gestern bei der Eröffnung einer Ausstellung über „Essen aus dem Genlabor“ in der Hamburger Verbraucher-Zentrale. Tomaten, Kartoffeln, Rüben oder Mais mit genetisch veränderten Eigenschaften oder aber die Milch der manipulierten „Turbokuh“ lehnen KöchInnen und DiätassistentInnen aus dem Hamburger Gebiet daher ab.
Vor allem Kantinenköche sollten besonders aufpassen und „ihre Lieferanten in die Pflicht nehmen“, so Wohlfeil. Diese sollten aufgefordert werden zu erklären, daß sie nur Lebensmittel und Lebensmittelzusätze verwenden, die nicht verändert bzw. mit Hilfe gentechnisch veränderter Mikroorganismen gewonnen wurden. „Spargel aus der Lüneburger Heide im November müssen wir nicht haben“, meint Wohlfeil. Viel besser sei es, sich bei der Ernährung wieder der Natur zu nähern. „Wir wollen den Gästen sichere Produkte servieren und die Entscheidung haben, welche Produkte wir einsetzen“. Die KöchInnen fordern daher ebenso wie Verbraucher-Zentrale und der BUND die Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Lebensmitteln.
Silke Schwartau-Schuldt, Ernährungsberaterin der Hamburger Verbraucher-Zentrale wies gestern darauf hin, daß es eine solche Kennzeichnungspflicht nicht gibt. Die geplante „Novel-Food-Verordnung“ für neuartige Lebensmittel in Europa ist noch immer nicht verabschiedet.
Gänzlich unkontrolliert auf dem europäischen Markt seien auf jeden Fall schon Käse, hergestellt mit dem gentechnsich veränderten Labferment Chymosin, und wahrscheinlich gentechnisch produzierter Süßstoff, schätzt Jörg Bernhard vom BUND Hamburg. „Ein ganz großes Menschenexperiment“, dessen Vorteile eindeutig auf Seiten der Hersteller liegen.
Vera Stadie
Ausstellung „Essen aus dem Gen-labor und andere GENiale Geschäfte“, bis zum Jahresende, Mo.-Do. 9 bis 18 Uhr, Fr 9 bis 14 Uhr, Verbraucher-Zentrale, Große Bleichen 23.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen