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Singt halt so

■ Schweißloseste Dance-Schaffe des Jahres oder flottester New-Age-Act? Björk in Huxley's Neuer Welt in Berlin

Irgendwann, so völlig mittendrin, fragte mich plötzlich mein Begleiter: „Was willste darüber eigentlich schreiben?“ Wenn ich nicht gerade so wirklich bei mir gewesen wäre, selbst nach einer Antwort darauf gesucht hätte, hätte ich wahrscheinlich geantwortet: „Gute Frage“ und doch keine Antwort gewußt. Also:

Vielleicht, daß Björk einmal die Sängerin der Sugarcubes war. Daß die Sugarcubes der wichtigste und einzige kulturelle Export waren, den Island je hervorgebracht hat (wenn man einmal von der isländischen Handball-Nationalmannschaft absieht. Aber das weiß ja jeder...).

Vielleicht darüber, daß die Sugarcubes damals die Popwelt auf den Kopf stellten, weil sie gleichzeitig so herrlich unpoppig und doch Pop waren. Daß ihre rhythmisch verzwackte, kreuz-und- quer-melodiöse, punkig-krachende und doch so sanfte Musik auf einen Schlag urplötzlich Menschen zu einem gemeinsamen Musikgeschmack finden ließ, die sich gewöhnlich erbitterte Wortgefechte über dieses Thema lieferten. Daß niemand so recht verstand, wo denn nun eigentlich das Verdienst der Sugarcubes lag, aber jeder wußte, daß sie ziemlich einzigartig, wenn nicht sogar grandios waren (aber das ist vorbei...).

Vielleicht darüber, daß Björk auf die Bühne kam und irgendwie komisch aussah. Nämlich gar nicht so „anti-modisch-modisch“, wie der taz-Kunstredakteurs-Proband es formulierte, sondern ganz in Weiß. Mit einem Hemd, das wahlweise an die John-Lyndonsche Zwangsjacke oder an „Trapper John M.D.“ erinnerte. Oder auch aussah, als würde sie in einem Russ-Meyer-Film eine Krankenschwester spielen (aber das paßt irgendwie auch nicht...).

Obwohl Björk ja fast schon ein Model ist. Oder eigentlich schon immer war. Damals als schönste Frau des Independent-Lagers – zu Zeiten, als „Independent“ mehr als nur eine marktstrategische Größe war. Jetzt aber ist sie nicht nur ein „role model“ wie damals (und z.B. Blondie vor ihr), sondern kommt richtig ausgeleuchtet in Hochglanzbroschüren rüber. Wirbt sie nur für Produkte, oder ist sie selbst schon eins? (Aber das muß auf die Wirtschaftsseite...)

Vielleicht auch ein Wort über das Konzert. Daß diese Band spielte, als wollte sie den Preis für die beste Plattenkopie gewinnen. Oder den Preis für die schweißloseste Dance-Schaffe des Jahres. Oder den Preis für den flottesten New-Age-Act der Saison. Da war drei Minuten lang dieser einsame Synthie, der ganz allein die noch viel einsamere Stimme von Björk unterstützen sollte, aber nur gefühllos immer zur hart und immer zu weich war, nie schmeichelte und nie kontrastierte. Es passiert nichts, aber Björk scheint vergessen zu haben, daß sie allein mit dieser Stimme etwas passieren lassen kann.

Sie singt halt so, singt einfach mal los, ob ihr Produzent Nellee Hooper (Soul Il Soul) nun Soul oder Operette verordnet hat. Und die Band legt einen Teppich aus Rhythmus wie um eine Leiche, so herzlich, wie das nur Studiomusikanten können (aber das wäre zu traurig...).

Vielleicht also über die Tätowierung an ihrem rechten Arm schreiben (aber sowas hat heutzutage ja fast jeder...).

Vielleicht über das Publikum, das widerspruchslos ging, als es durch das Saallicht unmißverständlich dazu aufgefordert wurde (aber so geht das auch fast jedes Mal...).

Vielleicht einfach, daß es stinkestinkelangweilig war (aber da ist die Konzertkritik nun mal zu Ende; d.Red.). Thomas Winkler

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