■ Das Portrait
: Die Kaiserin von Tuntland

unterrichtet die Kunst des Tuntigseins Foto: La Donna Gloria

„Zu welcher Theatergruppe gehörst du denn?“ wird sie gelegentlich gefragt, doch das ist pure Majestätsbeleidigung. Handelt es sich bei dem knöchellangen Kleid aus knallrosa Tüllspitze doch keinesfalls um ein Kostüm, sondern um das Gewand der Kaiserin von Tuntland. Gelegentlich schart die berühmteste lesbische Tunte der Republik ein paar Debütantinnen um sich, um sie in der Kunst des Tuntigseins zu unterrichten. Über 50 Interessierte fanden sich bislang zu ihren Workshops beim Freiburger Frühlingstreffen und der Berliner Lesbenwoche ein.

„Jeder Schritt ein Walzer“ lautet das Credo der Kaiserin, und flugs kritisiert sie die Einseitigkeit des lesbischen Bewegungsrepertoires: „Die gehen doch alle wie Holzfäller.“ Daß dies auf nächtlichen Straßen einen nützlichen Abschreckungseffekt hat, will sie nicht leugnen, doch ihre Sache ist das nicht.

Warum soll Tuntigsein den Schwulen vorbehalten sein? fragt sie und zückt ihren Fächer. Doch wer vermutet, daß sie ein neues Bild von lesbischer Weiblichkeit propagiert, irrt. Ihr geht es einfach darum, so sein zu dürfen, wie sie ist – und da stieß die 27jährige Oberhausenerin nicht nur in der Lesbenszene auf ein gewisses Unverständnis.

Schon mit 16 im Gewerkschaftschor fiel sie auf. Anfangs lief sie zwar noch in Latzhose und Birkenstockschuhen rum, doch immer öfter erschien sie in schriller Aufmachung zu Proben und Auftritten. Ob beim Ostermarsch oder bei Aktionen gegen die Schließung des Stahlwerks in Rheinhausen, sie war mit dabei – „immer im Fummel“. „Ich bin farbig, mich haben sie sowieso komisch angeschaut“, sagt sie und schüttet sich ungerührt vier Löffel Zucker in den Tee. Ausgestattet mit einer „kleinen Apanage des Staates“, widmet sich die Kaiserin, die ihren bürgerlichen Namen nicht preisgeben möchte, dem Aktivistinnentum. Sie organisierte den diesjährigen Christopher Street Day in Oberhausen mit und initiierte einen Chor von lesbischen und schwulen Mitgliedern verschiedener Gewerkschaftschöre. Gemeinsam mit La Donna Gloria, einem schwulen Freund, betrieb sie bei Antenne Ruhr die Sendung „Radio Tuntland – die warme Welle fürs Revier“. Jetzt arbeitet sie an einer Karriere als Diseuse. Nur eine Pianistin fehlt ihr noch. win