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Weiss: Rückzieher in Sachen Neonazi-Film

■ Hamburger Kultursenatorin distanziert sich von Dokumentarstreifen

Rückzieher von Hamburgs Kultursenatorin Christina Weiss: Noch am Sonnabend hatte sie sich in einer relativ ambitionierten Presseerklärung inhaltlich (wenn auch nicht offiziell) von dem Anliegen der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Hessen distanziert, die Verbreitung des Dokumentarfilms „Beruf Neonazi“ zu verhindern. Auf Intervention der hessischen Kultusministerin Evelies Mayer unterschrieb sie jetzt die gemeinsame Erklärung, in der alle differenzierten Töne fehlen.

Evelies Mayer hatte vom hessischen Landtag den Auftrag erhalten, die Distanzierung der vier Länder, die den Film von Winfried Bonengel mit 370.000 Mark finanziert haben, zu erwirken. Hieß es in Christina Weiss' erster Erklärung noch, sie wünsche sich, „daß sich politische und juristische Mittel nicht gegen den Dokumentarfilm richteten, sondern gegen die faschistischen Machenschaften und Parolen, die er aufdeckt“, so dröhnt es jetzt in der gemeinsamen Erklärung: „Wir werden gemeinsam alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, damit der Film in dieser unkommentierten Form nicht aufgeführt wird.“ Daß diese Erklärung den ausdrücklichen Zusatz aufweist: „Wir bekräftigen: Eine Zensur findet nicht statt“, wirkt da nur noch wie die heuchlerische Empörung über die eigene Absicht.

Der seit seiner Uraufführung vor zwei Wochen kontrovers diskutierte Film ist das 70-minütige Porträt des Münchner Neonazis Bela Ewald Althans. Bonengel hatte in der Meinung, Althans Worte sprächen für sich, auf jeden erklärenden Zusatz verzichtet. Dies hatte zu empörten Protesten der hessischen Abgeordneten und des Zentralrats der Juden sowie zur Behauptung des Spiegels, der Kinofilm mache Propaganda für Neonazis, geführt.

Über die zu verwendenden Mittel hat man sich noch nicht geeinigt. Die Schweriner Kultusministerin Schnoor (CDU) hat aber bereits angekündigt, man werde die Kriterien der Filmförderung „grundsätzlich neu überdenken“. tlb

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