Ausgelayert

■ Das Bremer Theater darf sich jetzt abermals auf die Suche nach einem Generalmusikdirektor machen: Friedemann Layer hat abgesagt

Praktisch das ganze Theater hat sich zu früh gefreut: Friedemann Layer nämlich hat nach langen schweren Bedenken seine Bewerbung um das Amt des bremischen Generalmusikdirektors zurückgezogen. Layer, derzeit noch Kapellmeister in Dresden, sieht sich nicht in der Lage, neben seinen anderen Tätigkeiten auch noch in Bremen verantwortlich zu wirken.

Unter anderem wird der gefragte Mann demnächst die Leitung der Oper im südfranzösischen Montpellier übernehmen. Die ist zwar nur in der Sommersaison in Betrieb, aber andere Gastspielverträge kommen hinzu und binden den Dirigenten, der sie nicht einfach aufkündigen möchte, im Grunde nun doch gar zu sehr und auf Jahre hinaus.

Solange kann das Bremer Theater nicht mehr warten. Es trägt den Verlust unterdessen mit Fassung; ja es zollt, tapfer wie es ist, dem entwichenen Favoriten sogar Respekt für seine Ehrlichkeit. „In dieser Zunft sind ja nicht alle so skrupulös“, sagt der Verwaltungsdirektor Rempe, womöglich eingedenk des alten Marcello Viotti, der am Ende seiner Bremer Laufbahn in aller Welt zugleich werkelte, nur in Bremen nicht mehr. Rempe hofft sogar immer noch, daß man vielleicht eine Brücke für Layer bauen könnte: „Das sind ja alles nur auslaufende Verpflichtungen, die ihn hindern.“

Heute abend aber tritt zunächst einmal die Findungskommission wieder zusammen, um über den Kandidaten zu meditieren, die aus früheren Findungsrunden noch vorrätig sind. Freilich gibt's nicht mehr viel Auswahl außer der vom Orchester gänzlich ungeliebten Alicija Mounk und andererseits dem in Bremen sehr angenehm aufgefallenen Philippe Auguin, der allerdings schon mit einem Bein in Braunschweig steht.

Wahrscheinlich wird also der Intendant Klaus Pierwoß wenigstens in seinem ersten Jahr, also ab der kommenden Spielzeit, auch noch die Leitung der Oper irgendwie ausüben müssen, während unser Philharmonisches Staatsorchester schon auf seinen Stühlen ruckelt: Die übliche Konzerttätigkeit könne es schon noch ein Weilchen mit seinen beiden patenten Kapellmeistern und mit gelegentlichen Gastdirigenten bestreiten, sagt der Geschäftsführer Herbert Stern, problematischer sei da die Oper, „und länger als ein Jahr können wir sowieso nicht mehr warten. Das müßte jetzt schnell gehen“.

Weil aber die Vorlaufzeiten für die Planung in diesem Gewerbe „irrsinnig lang“ sind, wird's immer schwieriger. Stern hat schon mal probehalber für das Jahr 1995 unter den Dirigenten herumtelefoniert und „erschreckend viele Absagen“ kassiert.

Denkbar wäre freilich auch eine Zerlegung des Doppelamtes in seine Hälften. Bislang hatte der Chef des Philharmonischen Staatsorchesters automatisch auch die Leitung der Oper inne; da mußte man immerhin nur einen bezahlen, wenn er dann auch in beiden Ämtern kaum da war. In der Not aber könnte man durchaus erwägen, daß das Theater erstens baldigst einen Opernchef engagiert und zweitens später dann die Philharmonische Gesellschaft einen Chefdirigenten für den Konzertbetrieb. Der Intendant Pierwoß wollte sich gestern zu all den anstehenden Fragen nicht äußern: „Wir sind ja noch mitten in diesem theatertypischen Wechselverhältnis von Zusagen und Absagen. Da kann ich nicht vorgreifen.“ schak