: Rechter Streit vor Brandenburger Wahlen
Bei der rechtsextremen „Deutschen Liga“ führt der Brandenburger Wahlkampf jetzt zum Zerwürfnis / Der Landesvorsitzende aus Berlin wurde von der Bundespartei entmachtet ■ Von Severin Weiland
Die Ziele waren hochgesteckt. Aus der Frustration und der Enttäuschung der Wähler wollte die rechtsextreme Szene bei den Kommunalwahlen am 5. Dezember in Brandenburg Kapital schlagen. Doch der angestrebte Höhenflug endete schon vorab in heftigen Grabenkämpfen. Vor allem der Landesverband Berlin-Brandenburg der „Deutschen Liga für Volk und Heimat“ (DL) hatte sich Hoffnungen gemacht, als Sammlungsbewegung die rechte Szene zu vereinen.
So war in Cottbus unter kräftiger Mithilfe des DL-Landesvorsitzenden Frank Schwerdt, einem Berliner Diplom-Ingenieur, die Anhänger der mittlerweile verbotenen „Deutschen Alternative“ (DA) umworben worden. Doch die Kandidatur des früheren DA-Chefs Frank Hübner auf „Liga“-Listen für das Amt des Oberbürgermeisters mißfiel der DL-Spitze. Der Landesvorstand wurde suspendiert, gegen Schwerdt ein mittlerweile durch das Landesschiedsgericht bestätigtes Parteiausschlußverfahren eingeleitet und der Brandenburger Peter Gilian als sein Nachfolger ins Amt gehievt. Der Bundesvorstand der 1991 gegründeten rechtsextremen Partei unter dem Ex-Rep-Politiker und heutigen Europaabgeordneten Harald Neubauer und dem früheren NPDler Jürgen Schützinger verübelt dem 49jährigen seine Kumpanei mit Hübner. Der Riß scheint tief zu sein: Über die Suspendierungsmaßnahme der Parteispitze informierte Schützinger im Oktober sogar schriftlich den Brandenburger Innenminister Alwin Ziel (SPD). Trotz mehrfacher Abmahnungen durch die Zentrale hielt Schwerdt an der Aufstellung von Hübner fest. Seinen rund 80 Personen starken Landesverband weiß er nach eigenen Angaben dabei hinter sich. Nach wie vor treten die DL-Landesvorständler ungeniert im Namen ihrer Partei auf. Schwerdt selbst ist über die Wendung seiner Partei überrascht: „Ich habe bisher nicht erlebt, daß Herr Neubauer sich so ablehnend gegenüber den Positionen von Hübner verhalten hat.“ Neubauer hingegen will seine Partei „nicht im Zusammenhang mit Mitgliedern verbotener Organisationen sehen“. Mit der Kandidatur von Hübner sei der DL ein „Betonklotz ans Bein gehängt worden“. Neubauer zur taz: „Wir werden erbarmungslos jeden ausschließen, der sich an dieser Kandidatur beteiligt hat.“
Taktisches Kalkül, Ausflüchte oder Angst vor staatlichen Maßnahmen – die Wahl am kommenden Sonntag dürfte für die DL mehr ein mediales Ereignis als ein tatsächlicher Erfolg werden. Außer in Cottbus kandidiert die Partei nur noch in Peitz. Ohne die Unterstützung Hübners, der trotz DA-Verbot seine Kader weiterhin fest in der Hand hält, wäre die DL-Kandidatur beinahe gescheitert. Nur mit seiner Hilfe konnten die notwendigen 100 Unterschriften für die Wahlzulassung in Cottbus aufgetrieben werden. Schwerdts Zusammenarbeit mit den Hardlinern in Brandenburg überrascht nicht. Seit längerem versucht er, die Gräben zwischen den oftmals weniger durch inhaltliche als vielmehr persönliche Intrigen verfeindeten Neonazigruppen in Berlin und Brandenburg zuzuschütten. Die Liste seiner Aktivitäten ist lang: So pflegt er nicht nur Kontakte zur DSU und NPD, sondern auch mit der NF-Nachfolgeorganisation „Förderwerk Mitteldeutsche Jugend“ (FMJ), das mittlerweile unter der Bezeichnung „Direkte Aktion Mitteldeutschland“ weiter agiert. Darüber hinaus wirkt Schwerdt in das gemäßigte rechte Lager über einen Berliner Leserkreis der rechten Postille Junge Freiheit hinein – an ihm nehmen auch Rep-Mitglieder teil.
Bislang erfolglos blieben seine Bemühungen, das „Hoffmann- von-Fallersleben-Bildungswerk“ – dessen Mitglied er ist – und die „Berliner Kulturgemeinschaft Preußen“ zusammenzuführen. Letztere trat auch in diesem Jahr als Anmelder für den anschließend verbotenen Neonazi-Aufmarsch in Halbe auf. Eine „engere Abstimmung“ beider Organisationen sei bislang an „persönlichen Differenzen“ einzelner Mitglieder gescheitert.
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