■ Soundcheck
: Run DMC / Jo Anne Brackeen / Franco Ambrosetti Quartet

Gehört: RUN DMC. Ein Transparent war im Bühnenbauch aufgespannt, um das Ghetto am Mittwoch ins Docks zu holen. Überquellende Mülleimer, bröckelnde Fassaden mit dem Pinselstrich von Comics gezogen - das Ghetto als Sesamstraße. Und irgendwie erinnerte DMC vor diesem Hintergrund an Samson, den tapsigen Bär. Der drahtige RUN wirkte hingegen ganz konzentriert und nicht bereit zu Zugeständnissen. So erzählten RUN DMC ihre Version der Hip-Hop-Geschichte. Die Geschichtsstunde begann in grauen Vorzeiten mit dem von Kraftwerk inspirierten Electric Boogie eines Afrika Bambaataa. Mit der Routine von 15 Jahren Bühnenerfahrung streuten die Lehrer aus Queens einige Gimmicks und ihren aktuellen Hit „Watcha Gonna Do“ ein, um das Publikum bei der Stange zu halten. Mit jeder Geste verwiesen RUN DMC auf die „alte Schule“, um jedemü zu zeigen, daß Hip Hop nicht 1993 entstanden ist. Daß die Lektion zeitig mit „Down with the King“ endete mag an der in den letzten Jahren nebensächlichen Rolle der drei Könige gelegen haben oder aber am Docks, wo „Zugabe“ ein Wort aus fremden Zeiten zu sein scheint.nnnnVolker Marquardt

Heute Abend: Jo Anne Brackeen. Eine für Berufsmusiker unkonventionelle, aber für berufstätige Frauen normalerweise noch typische Karriere hat die amerikanische Pianistin JoAnne Brackeen hinter sich. Die aus Kalifornien stammende Brackeen begleitete Ende der fünfziger Jahre Dexter Gordon und Charles Lloyd auf der Bühne. Dann widmete sie sich für zehn Jahre der Erziehung ihrer vier Kinder. Trotz der späten Anerkennung gehören ihre sanften und kräftigen Töne zu den interessantesten Beiträgen des zeitgenössischen Jazz.

Nikos Theodorakopulos

NDR, Studio 10, 20 Uhr

Heute Abend: Franco Ambrosetti Quartet. Der Arbeitstag des Schweizers Franco Ambrosetti könnte etwa so aussehen: zwischen Geschäftsterminen und Aufsichtsratssitzungen holt der Maschinenfabrikant seine Trompete aus dem Schrank und den Lärm der Fabrik übertönen klare Hardbop- Linien. Für die Familie Ambrosetti jedoch nichts ungewöhnliches: Vater Flavio spielte Altsaxophon. In dessen Band machte Franco seine ersten Schritte, die ihn zum Olymp des europäischen Jazz führten. Am Klavier sitzt heute Abend George Gruntz.

Nikos Theodorakopulos

Birdland, 21 Uhr