: Unpopuläre Maßnahmen durchsetzen
■ Altonaer Parteien entwickeln Konzepte gegen die Wohnungsnot Von Marco Carini
Dringend gesucht: Konzepte gegen die Wohnungsnot. Während dem Senat außer Innenstadtverdichtung und der Bebauung der letzten Grünflächen wenig einfällt, sind die BezirkspolitikerInnen oft kreativer. Beispiel Altona: Auf einer von den Bezirksjusos am Dienstag abend veranstalteten Diskussion zum Thema „Wohnungsnot in Altona“ präsentierten die Lokalpolitiker von SPD, CDU und GAL (die Statt Partei hatte zugesagt, war aber nicht erschienen) ein prall geschnürtes Maßnahmenbündel zur Förderung des Wohnungsneubaus und für den Erhalt preiswerter Mieten.
Bemerkenswert: Bis auf Detailfragen herrschte Einigkeit zwischen den Parteienvertretern, auch in der Erkenntnis, die der SPD-Fraktionsvorsitzende Horst Emmel formulierte: „Unpopuläre Maßnahmen werden in Hamburg aus Angst vor dem Wähler nicht durchgesetzt.“
Eine solche Maßnahme ist die von der GAL geforderte und von der Bürgerschaft inzwischen abgelehnte „Luxuswohnsteuer“ für Wohn-Singles, die in Wohnungen über 70 Quadratmeter hausen. Mit den Zusatzeinnahmen sollte der soziale Wohnungsbau angekurbelt werden. Der Altonaer GAL-Abgeordnete Olaf Wuttke: „Die Wohnungsnot ist nicht durch Zuwanderer entstanden, sondern dadurch, daß jeder Hamburger heute im Schnitt doppelt soviel Wohnraum verbraucht wie vor 25 Jahren.“
Um den Wohnungsbau auf der grünen Wiese einzudämmen, fordert Horst Emmel die verstärkte Ansiedlung von Wohnungsbau in Gewerbe- und Industriegebieten. Die Baunutzungsverordnung, die das untersagt, müsse geändert werden. Emmel: „Wie in Altona zwischen der Stresemannstraße, dem Bornkampsweg und der Leunastraße gibt es überall in Hamburg untergenutzte Industriebrachen, die für den Wohnungsbau erschlossen werden können.“ Zudem müßten auch in der Hansestadt nach Frankfurter Muster sämtliche erteilten Zweckentfremdungsgenehmigun-gen systematisch überprüft und wo möglich zurückgezogen werden. Kleine Gewerbetreibende aus ehemaligen Wohnungen sollten in leerstehende Gewerbegebiete umgesiedelt werden.
Der stellvertretende Altonaer CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Szczesny forderte darüber hinaus „eine einkommensabhängige Miete im sozialen Wohnungsbau“. Die Mehreinnahmen sollten wieder in die Errichtung neuer Sozialwohnungen gesteckt werden. Flächen könnten außerdem gespart werden, wenn für Neubauten in Gebieten mit gutem Anschluß an das öffentliche Nahverkehrssystem weniger Parkplätze ausgewiesen würden, ohne daß der Bauherr dafür „Ablösungsgebühren“ in Millionenhöhe an die Stadt zahlen müßte. Für dieses Geld könnten dann mehr Wohnungen gebaut werden.
Einigkeit herrscht inzwischen auch beim Thema Bauwagenplätze, nachdem die CDU eine radikale Kehrtwende vollzog. Früher vehement dagegen, forderte sie jetzt gemeinsam mit den anderen in der Bezirksversammlung vertretenen Parteien Bezirksamtsleiter Hans-Peter Strenge auf, neben dem überfüllten Areal in der Gaußstraße weitere Plätze für BauwagenbewohnerInnen bereitzustellen.
Uwe Szczesny: „Solange es nicht genügend Wohnungen gibt, müssen wir mit dieser nicht gerade innenstadttypischen Wohnform leben.“ Das Problem: Bezirksamtsleiter Strenge will die Bauwagen am liebsten auf die Volkspark-Plätze abschieben, die WohnwagenbewohnerInnen aber befürchten, dort Übergriffen der HSV-Hooligans schutzlos ausgeliefert zu sein.
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