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Computer-Intelligenz mit Esprit

■ Atlas Elektronik (AE) entwickelte Experten-Computer „Archon“

In Kooperation mit 6 Universitäten, zwei weiteren Elektronik-Firmen aus Holland und Frankreich und 5 interessierten Anwendern hat Atlas Elektronik über 5 Jahre daran gearbeitet, „die Grenzen der Automatisierung durch künstliche Intelligenz zu überwinden“. AE-Gruppenleiter Dr. Thies Wittig erläuterte gestern vor Journalisten, was dabei herausgekommen ist.

Herkömmliche Systeme hätten „irgendwo ihre Grenzen“, meinte er, und da setzen die „Expertensysteme“ oder vollmundiger die „künstliche Intelligenz“ an. Der grundsätzliche Unterschied zu herkömmlichen Programmierungen liege darin, daß das „Erfahrungswissen“ von Experten, das nicht in präzisen mathematischen Formeln fixierbar ist, in die neuen Programme integriert werden soll. Durch System „Archon“, benannt nach den Staats-Dienern aus dem antiken Athen, sollen verschiedene digitalisierte „Experten“ in Computer- Kooperation treten.

Eine griechische Zementfirma, ein großer spanischer Energieerzeuger und eine englische Strom- Versorgungsgesellschaft interessierten sich für diese superintellighenten Computer-Programme und beteiligten sich an dem Projekt mit Atlas Elektronik. Für derartige europaweit stattfindende Kooperationen auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung hat die EG das großzügiges Förderprogramm „Esprit“, das „Archon“-Programm (Volumen: 30 Millionen) wurde mit 15 Millionen gefördert.

Die drei anwesenden Anwender zeigten sich gestern überzeugt von den Rationalisierungseffekten der Prozeßsteuerung mit Archon. Für die spanische Stom-Gesellschaft Iberdrola (Marktanteil: 40 Prozent) ist es z.B. ein großes Problem, Ausfälle im Stromnetz zu vermeiden, die Millionen kosten können. Mit dem intelligenten System Archon sollen die Experten in den Leitzentralen so unterstützt werden, daß sie schneller und kompetenter reagieren können.

Um diese künstliche Intelligenz zu schaffen, sind erfahrene Bediener in den Kontrollstation der Stromgesellschaft beobachtet und nach ihren Handlungsweisen befragt worden. Daraus wurden Reaktionsmuster gebildet, die als Handlungsalternativen in das Programm integriert wurden.

„In der klassischen Automatisierung spielt der Bediener letztlich noch eine entscheidende Rolle“, sagt AE-Mann wittig. „Das ist das Risiko.“ Wenn der Mensch überfordert oder müde sei, mache er Fehler. Die Automation des Erfahrtungswissens in den „Expertensystemen“ soll „diese Unsicherheit ausschalten“, die Bediener bekommen wenige selektierte und schon überprüfte Reaktions-Alternativen vorgeschlagen, unter denen sie sich dann entscheiden müssen.

Die Prototypen von „Expertensystemen“ mit Archon laufen in den beteiligten Firmen. Atlas Elektronik steht in Verhandlungen über den Verkauf der ersten Anwendung auf dem freien Markt. K.W.

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