Onkel Verblüffer

■ Thalia-Theater: Premiere von „Die Riesen vom Berge“

Luigi Pirandellos Zauberer Cotrone ist der Prophet des Virtual Reality-Zeitalters. Sein Ausspruch: „Der Körper, das ist der Tod. Wir stellen Geister her!“ könnte der Jingle zu den Nitendo-Produkten der Zukunft sein, bei denen die Menschheit sich im Pixel-Traum trifft. In dieser Figur steckt ebenso Voraussicht, wie in dem Konflikt, den Pirandello mit ihr konstruiert. Er stellt dem Herrscher über Geisterscheinungen als Verblüffer und Verführer eine Schauspieltruppe entgegen, die gerne an die Macht des Wortes glauben möchte, die dieser Idealismus des „Reinen“ aber nur in den Morast von Falschheit und Selbstbetrug führt. Am Ende der dramatischen Brücke aber stehen die „Materiellen“, die Arbeiter der Riesen vom Berge, die plumpen Spaß suchen und Poesie mit dem Tod bestrafen.

Es wäre also angerichtet für ein lehrreiches Verwirrspiel mit den Axiomen des 21. Jahrhunderts und für ein dickes Bukett der Schauspielkunst mit über zwanzig Darstellern. Doch Regisseur Cesare Lievi will anders. Er bemüht sich um soviel „Deutsch-Sein“ wie möglich: Elisabeth Schwarz spielt nicht die komplett vom Schauspiel besessene Gräfin, sondern das frustrierte Überbleibsel besserer Tage ohne verbliebene Sendung. Traugott Buhre wählt die Gemütlichkeit des Netten Onkels beim Märchenerzählen, wo er doch der Magier Cotrone sein soll, der die Grenzen zwischen Imagination und Gewahrsein verwischt. Und Hannes Hellmann mimt die erbärmliche Beziehung des Grafen zu seiner Ilse auch noch erbärmlich. Das muß nicht sein. Vor allem, wenn man Theater im Theater spielt.

Josef Frommwieser und Luigi Perego geben der müden Angelegenheit, die nur bei wenigen Einzelauftritten (Sona Cervena, Peter Franke) in Fahrt kommt, einen Rahmen aus de Chirico-Zitaten, der hin und wieder etwas von schöner Magie doziert. Glühwürmchen und Lichtspalten, tanzende Puppen und griffige Einfälle verzieren mit Geschmack das Drama, das Pirandello wg. Tod nicht zuende brachte und dessen dritter Akt nur als Zusammenfassung exisitiert. Hier müht sich dann Traugott Buhre beim Erzählen mit einem Würfel in beckettscher Eingeschlossenheit in einen ewigen Kreislauf - ein Bild, das zu Pirandellos spielerischer Persönlichkeitshinterfragung nicht so recht passen will.

Kräftige Buhs für Regisseur und Hauptdarsteller quittierten dann auch den Versuch, eine deutsche Dramaturgie für einen italienischen Meister der Leichtigkeit zu erfinden. Till Briegleb