: Ein Weltmeister ist ein Weltmeister
Düsseldorf (taz) – Ein Weltmeister ist ein Weltmeister, ist ein Weltmeister, ist ein Weltmeister. Alle Welt weiß das, und sein Herausforderer, der in der Regel ja auch nur von Welt ist, muß erst einmal beweisen, daß er besser ist als der Weltbeste. Er muß im Kampf attackieren. Er muß die Gangart vorgeben. Er muß Wirkungstreffer landen. Er muß den amtierenden Titelträger überwinden, um sich den Weltmeistergürtel umschnallen zu dürfen, wenigstens ist das im Boxen so.
Für die Herausforderung des Halbschwergewicht-Weltmeisters Henry Maske waren dem Amerikaner David Vedder am Samstagabend in der ausverkauften Düsseldorfer Philipshalle von der International Boxing Federation zwölf Runden zur Verfügung gestellt worden. Vedder nutzte höchstens die erste. Der frühere Karatekämpfer, der in der Rangliste der IBF vor dem Kampf noch Platz acht belegte, zeigte nicht genügend Mut, ging nicht das erforderliche Risiko ein. Statt dessen tat er, als ob er selbst weltmeisterlich sei, versuchte, Henry Maske aus einer abwartenden Haltung heraus zu boxen, um dann überraschend anzugreifen.
Genau das aber war Vedders Fehler, denn bereits in der ersten Runde, die wie gesagt seine beste war, zeigte er, wie es eigentlich hätte gehen können: über die Halbdistanz schnelle Serien von Körpertreffern setzend, dann zum Kopf gehend. Der Herausforderer hätte sich vehementer vorwärts bewegen, zuerst kommen müssen, wie die Boxer sagen. Deshalb war der Kampf auch nicht das Spektakel, das sich viele Zuschauer martialischer Gesinnung gewünscht hatten („Hau ihn um! Mach ihn platt, Henry!“)
Maske selbst ist kein Puncher, schon gar kein Terminator. Der Gentleman der Szene ist ein Boxer mit Hirn, ein klug boxender Taktiker, ein Kalkulator. Also lieber die gewohnte, langsame, abwartende Nummer. Warten. Er muß ja kommen. Warten. Schließlich muß der andere ja bald mal kommen. Ich muß hier nichts beweisen, denn ich bin Weltmeister. Und so wartete Maske, wie schon im letzten WM- Kampf gegen Hembrick, bis zum Beginn der zweiten Halbzeit des Kampfes.
In Runde sieben hatte er dann genug und ging seinerseits nach vorne. Maske trieb Vedder, der zu diesem Zeitpunkt schon kraftlos wirkte, ein erstes Mal in die Ecke, zeigte ihm, daß er jederzeit in der Lage war, den Kampf zu diktieren, ihn an sich zu reißen. Sorry! Ich tue das, was eigentlich deine Aufgabe ist, und weil ich das mache, hast du heute abend keine Chance. Resignierend tauchte der Herausforderer David Vedder ab: immer wieder hielt er seinen Kopf zu tief, manchmal drückte Maske ihn auch noch ein wenig nach unten. Der Kampf mußte oft unterbrochen werden.
Die Runden verstrichen, und der Weltmeister arbeitete sich konzentriert durch jede einzelne hindurch. Zwar fehlte der ganzen Veranstaltung der Glamour großer Fights, aber der Weltmeister bleibt der Weltmeister, und dieser Weltmeister muß erst mal nichts mehr beweisen, auch wenn es da mit Virgil Hill und Jeff Harding noch zwei Weltmeister anderer Verbände gibt. Dieser Weltmeister muß nur noch seinen Titel verteidigen.
Nächster Maske-Shuffle: März 1994 in der Dortmunder Westfalenhalle gegen Ernesto Magdaleno (USA). Vielleicht läßt sich dann auch ein etwas anderer Hauptsponsor finden als eine Keksfabrik aus Verden an der Aller.Thomas Lötz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen