: 200 „verschwanden“
■ Punjab und Kaschmir: Repression
Bonn/London (epd/taz) – Indiens Zentralregierung solle endlich dagegen vorgehen, daß Polizei und Militär in den Bundesstaaten Punjab und Jammu und Kashmir systematisch mißliebige Menschen „verschwinden lassen“, fordert amnesty international (ai). Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation sind seit 1990 mehr als 200 Menschen in den beiden Provinzen „verschwunden“ – nachdem sie von den staatlichen Organen festgenommen wurden.
Polizei und Militär verfügten laut ai über weitreichende Vollmachten für willkürliche Verhaftungen. Außerdem werde zunehmend versucht, das Problem zu vertuschen. Zahlreiche Opfer eines offiziell „unnatürlichen Todes“ wurden in Haft gefoltert und anschließend heimlich umgebracht. Nachforschungen von Angehörigen und Anwälten würden behindert. Wiederholt hätten Behörden der Provinzen Jammu und Kaschmir Bitten des Obersten Gerichtshofes auf Haftprüfung ignoriert.
Die Regierung in Neu-Delhi hat angekündigt, im nächsten Jahr Untersuchungen einzuleiten. Amnesty schlägt vor, zudem eine Kommission zum Schutz von Inhaftierten zu bilden. Im indischen Teil Kaschmirs (Jammu und Kaschmir genannt) ebenso wie im Punjab gibt es einen langen Konflikt zwischen den Bundesregierung und lokalen Bewegungen, die mehr Autonomie oder auch die Trennung von Indien fordern. Dabei haben sich die Fronten in den vergangenen Jahren immer weiter verhärtet, die Auseinandersetzungen wurden auf beiden Seiten immer gewalttätiger. Auch auf seiten der Opposition komme es zu Folter, Mord und Geiselnahmen. Dazu kommt, daß der indische Teil des 1949 geteilten Kaschmir noch vom Nachbarn Pakistan beansprucht wird. Zwar haben sich die Regierungen Pakistans und Indiens darauf geeinigt, ab 1. Januar die seit 18 Monaten unterbrochenen Kaschmir-Gespräche wieder aufzunehmen. Allerdings ohne die kaschimische Opposition, wie die verbotene Kaschmir-Befreiungsfront beklagte. Für vergangenen Montag hatte sie daher zu einem Generalstreik aufgerufen, der weitgehend befolgt wurde.
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