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„Nur Elend und Repression, überall“

■ Private Hilfe für ein Krankenhaus in der Vojvodina

„Die Not von Zivilpersonen scheint die serbische Regierung in Belgrad nicht zu interessieren“, ist das Fazit einer privaten Bremer Hilfsorganisation zur Situation in Ex-Jugoslawien. In der von Serbien annektierten Provinz Vojvodina leistet die kleine Gruppe von Privatleuten seit Beginn des Jahres Hilfe zum Überleben. „Es fehlt einfach an allem, und es herrscht überall Elend und Repression“, berichtet Mechthild Trosshardt. Mit drei anderen HelferInnen versucht sie, den Betrieb des Krankenhauses in der Stadt Subotica an der ungarischen Grenze zu garantieren.

Ohne eine Chance auf Gegenwehr wurde die Vojvodina 1991 von Serbien annektiert. Heute ist die ehemals autonome Provinz in Jugoslawien ein vergessenes Land. „Diese ehemalige Kornkammer von Jugoslawien wird jetzt völlig ausgeblutet“, erzählt Trosshardt. „Es gibt nichts zum Essen und nichts zum Heizen. Es ist eine furchtbare Stimmung von Furcht, Angst und Hunger.“

Im Krankenhaus der Stadt, das für die Versorgung der 140.000 EinwohnerInnen angelegt ist und 1.000 Betten hat, können wegen Medikamentenmangels nur knapp 300 PatientInnen versorgt werden. Im Sommer waren es nur 100, ehe die Hilfe aus Bremen und aus anderen europäischen Länder einsetzte. „Die Krankenhaus-Apotheke ist eine einzige Katastrophe: Sie ist völlig leer.“ Im Frühjahr lagen auf der Dialyse-Station des Krankenhauses 80 PatientInnen - im Sommer wurde die Station geschlossen, weil es keine Medikamente gab – die Kranken mußten sterben.

Obwohl in der Vojvodina nicht gekämpft wurde, leiden die BewohnerInnen doppelt unter dem Krieg: Einerseits müssen sie die serbische Repression ertragen, andererseits fallen sie unter das Embargo der UNO. Das führt dazu, daß für Hilfstransporte ein Riesenberg bürokratischer Maßnahmen zu überwinden ist, mit genauen Listen über jedes Hilfspaket, mit Formularen und Stempeln von Behörden. Im Sommer blieb ein Transport, der von der Hilfsgruppe privat organisiert und finanziert unter der Schirmherrschaft des Diakonischen Werks nach Subotica fahren wollte, am ungarischen Zoll hängen: keine Papiere und kein Schmiergeld für die Grenzer. Obwohl 10 Kilometer hinter der Grenze die Medikamente dringend gebraucht wurden, gab es keine Gnade. So mußte die wertvolle Fracht in kleinen Portionen über die Grenze geschmuggelt werden.

Im November erreichte der dritte Transport die Vojvodina, berichtet Mechthild Trosshardt. Neben Medikamenten und Psychopharmaka war der VW-Bus vor allem mit Babynahrung, Kinderkleidung und Lebensmitteln vollgestopft. Eine Hilfsladung, etwa 500 Kilo, reiche für etwa drei Monate – so schnell wie möglich soll der nächste Hilfstransport nach Subotica geschickt werden. bpo

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