: „Shit- Work“
■ Die „Fahrende Hochschule“ aus Dänemark sammelt in Bremen
“Wir machen Shit-Work“ – das heißt unter anderem: Postkarten in Regen und Schnee verkaufen und manchmal auch komisch von Leuten auf der Straße angemacht zu werden“, erzählt Ulrike aus Schweden. Sie und fünf andere StudentInnen von der „Fahrenden Hochschule Vamdrup“ aus Dänemark hatten in den letzten zwei Monaten aber überwiegend Glück mit freundlich- interessierten BremerInnen. Insgesamt 18.000 Mark verdienten die jungen Leute auf diese ungewöhnliche Weise für das „Namibia-Solidaritätswerk“.
Foto-Postkarten mit Bildern von der praktischen Arbeit dort veranschaulichten den PassantInnnen, wofür sie stehengeblieben waren, wenn sie mit klammen Fingern in den Geldbörsen herumkramten. „Seit 1990 ziehen wir in einer Baumschule jährlich 20.000 Bäume“, erklärt der britische Lehrer Bryan Nelder. „Wir pflanzen Obst- und Schattenbäume in einem Gebiet 40 km von der angolanischen Grenze. Durch den Krieg sind die Wälder vernichtet worden.“
„Die Baumschule ist aber nur eines von vielen Projekten“, ergänzt Pastor Hans- Günter Sanders von der Neustädter Zionsgemeinde. Die Fahrende Hochschule wurde Anfang der 70er Jahre von sechs IndividualistInnen gegründet, die den trockenen Begriff „Wissenschaftlichkeit“ bodenständiger gestalten wollten. Lernziel ist, im Einsatz für Andere keine „niedrige“ Arbeit zu scheuen. Im Januar wird der Bremer Pastor mit einer Bremer Jugendgruppe nach Dänemark reisen, um den frischgeknüpften Kontakt zu festigen. Ihm liegt sehr daran, daß sich EuropäerInnen den afrikanischen Alltag besser vorstellen können.
Die 24jährige Kindergärtnerin Ulrike, die bereits in Sambia Erfahrungen gesammelt hat, stimmt ihm da zu: „Ich habe gelernt, geduldiger zu sein. Wenn du täglich einen Kilometer laufen mußt, um einen Eimer Wasser zu holen, findest du es nicht mehr so selbstverständlich, daß hier das Wasser aus der Leitung fließt!“
Unter den 400 LehrerInnen von 50 „Fahrenden Schulen“, die in Dänemark als offizielle Bildungseinrichtungen anerkannt sind, gibt es bisher nur einen Afrikaner. Bryan Nelder, der zwölf Jahre in Südafrika lebte, betont, wie wichtig es sei, afrikanische Geschichte von der vor- bis zur nachkolonialen Zeit zu vermitteln. „Wir sind nicht dort als die EuropäerInnen, die alles besser wissen wollen,“ sagt auch Ulrike.
Sie freut sich auf das nächste halbe Jahr in Namibia. Sie wird in einem Kindergarten arbeiten und einmal im Monat mit einem Bus in die Dörfer fahren, um dort Secondhandkleidung zu verkaufen. Insgesamt 76 Tonnen Kleidung haben europäische Hilfsorganisationen bislang für diesen Zweck gesammelt. S.L.
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