■ Die EU erkennt die Republik Makedonien an
: Lange gewartet, längst überfällig

Zwei Jahre mußten die BürgerInnen der neugegründeten Republik Makedonien auf die internationale Anerkennung warten – zwei Jahre, die den kleinen Staat auf dem Balkan in einen Teufelskreis stürzten. Die Nichtanerkennung führte zur wirtschaftlichen Isolierung: Das Land war von seiner früheren Binnenwirtschaft – Jugoslawien – abgeschnitten, ohne daß ausländische Investitionen oder Handel an deren Stelle getreten wären. Ganze Branchen lagen brach, ganze Regionen wurden arbeitslos. Der Nationalismus trieb den Vielvölkerstaat in eine Zerreißprobe: Die „Innere Makedonische Revolutionäre Opposition“ (VMRO), die Nord-Griechenland „anschließen“ will, eroberte ein Drittel der Parlamentssitze. Albanische Widerständler organisierten eine Geheimarmee, die den albanisch besiedelten Teil Makedoniens an ein Groß-Albanien anschließen will.

Die Ressentiments in den Nachbarstaaten wuchsen: In Griechenland wucherten die Ängste vor dem unberechenbaren Nachbarn. Serbien verzichtete nie offiziell auf seinen Anspruch auf die ehemalige jugoslawische Teilrepublik. Die moderaten Kräfte Makedoniens gerieten in die Defensive: Je länger das Warten auf die Anerkennung dauerte, desto schwächer wurde die Position von Regierungschef Kiro Gligorov, der bereit war, über Staatsflagge, Verfassungsinhalt und selbst den Staatsnamen zu verhandeln. Verantwortlich für diese makedonische Malaise sind Griechenland und die westliche Staatengemeinschaft – besonders die Europäische Union (EU): Griechenland, das mit Hinweis auf eine angebliche Bedrohung seines Territoriums gegen die Anerkennung kämpfte; die EU, weil sie bis heute keine eigene Balkanpolitik entwickelt hat und sich ihr Verhalten gegenüber Makedonien von Griechenland diktieren ließ. Letzteres ist um so sträflicher, als bereits vor zwei Jahren die mit europäischen Verfassungsjuristen besetzte „Badinter-Kommission“ der EG eine Anerkennung Makedoniens empfohlen hatte.

Im Januar wird Griechenland die Ratspräsidentschaft der EU übernehmen. Die Sorge, daß dann kein vernünftiges Gespräch über Makedonien mehr möglich wäre, hat die Anerkennung durch die „Kernländer“ der EU beschleunigt. Die diplomatische Geste macht die zwei Millionen MakedonierInnen endlich zu formal gleichberechtigten EuropäerInnen. Doch zugleich gilt der Schritt nicht eigentlich dem Staat Makedonien und seiner Bevölkerung. Die Anerkennung erfolgt vor allem, weil das Land ein wichtiger Puffer gegen eine Ausweitung des Konfliktes auf den südlichen Balkan ist. Schließlich liegt Makedonien neben dem potentiellen Kriegsschauplatz Kosovo und trennt das Gebiet der EU von Serbien. Dorothea Hahn