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„Weltfremde Spinner“

■ Zehn Jahre „Verein für akzeptierende Drogenarbeit“ in Bremen

„Angefangen haben wir im Hinterzimmer einer Kneipe“ - vor zehn Jahren setzten sich StudentInnen und WissenschaftlerInnen der Sozialwissenschaft zusammen und gründeten den „Arbeitskreis Drogen“. Gestern feierte dieses Projekt seinen zehnjährigen Geburtstag im Kontaktladen in der Weberstraße. Mit einem Buffet und Sekt freute sich der Verein über sein Weiterleben und über das Scheitern seiner Gegner im „Krieg gegen die Droge“.

Die Idee zu dem Projekt entstand damals aus der Kritik an der Bremer Drogenpolitik, deren einziges Angebot in einer stationären Langzeittherapie bestand. Zunächst wurde die kleine Gruppe von vielen als „weltfremde Spinner belächelt“, weil sie unter anderem versuchten, ein „integriertes Methadonprojekt“ zu entwickeln. Als sie 1984 gar Spritzen auf der Szene verteilten, wurde gegen Einzelpersonen ein Strafverfahren angestrengt, später jedoch eingestellt.

In seinem Rückblick erinnerte der Vereinsvorsitzende Raymund Suchland ebenfalls an das Aufstellen des bundesweit ersten Spritzenautomaten in Bremen direkt vor dem Kontaktladen in der Weberstraße im Jahre 1987. Im gleichen Jahr wurde der zweite Spritzenautomat an der Sielwallkreuzung aufgestellt, nicht ohne große öffentliche Debatte. Zwei Jahre später gelang die Realisierung eines weiteren niederigschwelligen Angebots: das Wohnprojekt Roonstraße für 12 Noch- DrogengebraucherInnen und Substituierte. 1990 wurde das Nachtangebot in der Schmidtstraße für Frauen gegründet, und im Jahr drauf die Beratungsstelle für Substituierte an der Weide.

„Die als früher unrealistisch eingestuften Forderungen wurden nach und nach Bestandteil des Bremer Angebots“, folgerte Suchland. Doch seit der Wende in der Bremer Drogenpolitik letzten Herbst hätte sich alles verschlechtert. Bis vor einem Jahr haben sich zwei Richter am Amtsgericht mit BTM-Delikten beschäftigt, heute sitzen dort vier Richter, die sich zu 80 Prozent mit BTM-Delikten auseinandersetzen. Dies zeige eindeutig, daß die Verfolgung der Konsumenten zugenommen habe.

Daß die Zerschlagung der Drogenszene kontraproduktiv ist, bestätigte ebenfalls der eingeladene Festredner Horst Bossong, Drogenbeauftragter in Hamburg. Früher war er Mitglied im „AK Drogen“ in Bremen. „Eine Politik der Zerschlagung und Verfolgung von Drogenkonsumenten verschärft die Probleme.“ Er betonte, daß eine akzeptierende Drogenarbeit nur auf der Grundlage funktionieren könne, daß man die Dialogfähigkeit zwischen den BürgerInnen und Junkies aufbaue. „Es geht darum zu einer Befriedung in den Stadtteilen zu kommen.“ Diesen Aspekt der akzeptierenden Drogenarbeit wollte Heino Stöver, Geschäftsführer Kommunale Drogenpolitik, in Zukunft ernster nehmen als bisher. Die Teilnahme am Runden Tisch sei für ihn eine Möglichkeit den Dialog zu öffnen.

Hamburgs Drogenbeauftragter Bossong lobte die Absprachen seitens der Justiz die sowohl in Schleswig-Holstein als auch in Hamburg eingehalten würden: Hier werden Klein-Konsumenten grundsätzlich nicht mehr verfolgt, mit der Ausnahme bei Drogengebrauch auf Schulhöfen und Spielplätzen. „Der § 31 a,der der Ermittlungsbehörde erlaubt, Delikte zum Eigenkonsum zu erlassen, wird in Bremen nicht angewandt. Offenbar gibt es eine interne Anweisung dazu“, sagte Raymund Suchland.

Vivianne Agena

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