: Distanz zur Basis
■ betr.: „Ein epochaler Wandel“, taz vom 18.12.93
Der Kommentar war eine peinliche Darbietung der Distanz, die Gewerkschaftsfunktionäre zu ihrer Basis haben. [...]
Ein „halbvoller Lohnausgleich“ für die Arbeitszeitverkürzung ist dort eben nicht herausgekommen, und die einmalige Gelegenheit Mitbestimmungswürdigkeit unter Beweis zu stellen, haben die Gewerkschaften grandios verpatzt. Ohne Frage ist Arbeitszeitverkürzung im Angesicht von Wirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit eine sinnvolle Sache. Nur war es diesmal die Arbeitgeberseite, die sie mit Blick auf die rationalisierende Wirkung forderte.
Hier wäre es Aufgabe der Gewerkschaften gewesen, klar herauszustellen, daß diese Krise nicht durch zu hohe Löhne am Standort Deutschland entstanden ist, sondern weil das VW-Management an alten Strategien verbissen festhält und jeden Trend verschläft. Hatte man sich Anfang der achtziger Jahre noch gegen den Katalysator gewehrt, so fehlt es heute noch immer am Engagement im zukunftsträchtigen Umweltbereich. Wo ist etwa der Zweilitermotor? Wo das Solarmobil zumindest für den Export in sonnige Länder oder als Seat für den Spanischen Markt? Wo sind die Leichtbauweisen, welche die Gefahr durch Straßenpanzer bannen? Und wo sind die Wiederverwertungskreisläufe, die in Zukunft sich verteuernde Ressourcen schützen?
Das Duo Piech/Lopez erscheint daher nur als letztes Aufgebot durch Knebelung von Arbeitnehmern und Zulieferern ein überholtes Produkt Auto im Konkurrenzkampf zu retten ohne ernsthaft eine Perspektive zu bieten. Schade, daß Gewerkschafter dieses Spiel mitspielen. Dirk Burchard, Bremen
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