: Waffenhandel verlagert sich zum Schwarzmarkt
■ Studie der Universität Hamburg
Hamburg (dpa) – Der internationale Waffenhandel befindet sich nach einer Studie der Universität Hamburg in einer umfassenden Umstrukturierung und verlagert sich zunehmend auf schwarze und graue Märkte. Lieferungen kompletter Waffensysteme bekannter Rüstungshersteller an zahlungskräftige Kunden seien selten geworden. Statt dessen gebe es zunehmend Produzenten, die Geschäfte mit Kleinwaffen, Artillerie, Munition und Know-how im verborgenen abwickelten, schreibt der Autor der Studie, Michael Brzoska, Mitarbeiter der Forschungsstelle „Krieg, Rüstung und Entwicklung“ an der Universität Hamburg.
Der statistische Rückgang des Waffenhandels – bedingt durch geringere Exporte der ehemaligen Sowjetunion und die schlechte wirtschaftliche Lage in Entwicklungsländern – sei trügerisch. Die Zahl der Waffenhändler, die bereit seien, an jeden zu liefern, sei größer und nicht kleiner geworden.
Brzoska belegt seine Aussagen mit den Bürgerkriegen im ehemaligen Jugoslawien und in Sri Lanka. Während die serbischen Verbände auf Lager und Waffenfabriken auf eigenem Territorium zurückgriffen, bedienten sich Kroaten und Bosnier auf grauen – direkt von Regierungen belieferten – und schwarzen – illegal mit gestohlenen oder umdeklarierten Waffen versorgten – Märkten.
Aus Singapur bezogen Kroaten Sturmgewehre der staatseigenen Firma Unicorn und Artilleriemunition sowie Panzerabwehrfäuste. Südafrika lieferte Gewehre des Typs R-4, ein ursprünglich israelisches Produkt, schrieb der Autor.
Internationale Schwarzhändler deckten sich vor allem in den USA, Osteuropa und Deutschland ein, heißt es in der Hamburger Untersuchung. Mangels ausreichender staatlicher Kontrolle seien Rüstungsbetriebe in Rußland, der Ukraine, Ungarn und Polen zu Lieferanten im jugoslawischen Bürgerkieg geworden. Auch aus Beständen der ehemaligen DDR- Armee und der Westgruppe der GUS-Streitkräfte gelangten Waffen auf den Balkan.
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