Karriere eines Spitzendiplomaten

■ Ehemaliger BRD-Botschafter Israels vertritt jetzt Daimler in Jerusalem

Jerusalem (taz) – Gute Kontakte zur Wirtschaft des Gastlandes zahlen sich gelegentlich auch für Diplomaten aus. Israels früherer Botschafter in der Bundesrepublik, Benjamin Navon, wurde am 1. Oktober 1993 Repräsentant des Daimler-Benz-Konzerns in Jerusalem. Die Aufgaben der Konzern-Repräsentanten liegen nach den Worten einer Daimler-Sprecherin von gestern in der Pflege von Kontakten zu Medien, Öffentlichkeit und politischen Instanzen. Navon vertrat Israel seit 1988 in Bonn. Der neue israelische Botschafter, Avi Primor, hat sein Amt in Bonn gegen Ende November 1993 übernommen.

Bei den israelischen Medien hat der Kontrakt Navons allerdings Mißbilligung ausgelöst. Nach Informationen der Tel Aviver Zeitung Haarez prüft derzeit die für das diplomatische Personal zuständige Verwaltung, ob Navon noch während seiner Amtszeit in der Bundesrepublik mit Daimler-Benz über seinen Folgejob in Jerusalem in Verhandlung stand.

Nach israelischen Bestimmungen dürfen Staatsbeamte, die sich wie Navon unbezahlt haben beurlauben lassen, nur mit einer besonderen Bewilligung Privatarbeit übernehmen. Untersucht werde jetzt der Verdacht, daß Navon seinen Botschafterposten mißbrauchte, um den mit rund 20.000 Mark im Monat dotierten Daimler-Job zu bekommen.

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums sagte gestern, daß sich Navon gegenwärtig in unbezahltem Urlaub befinde und die Erlaubnis, private Arbeit zu übernehmen, erhalten habe. Die Verwaltung für Staatsbeamte sei davon in Kenntnis gesetzt und habe ihrerseits vorbehaltlos ihre Bestätigung erteilt. Navon selbst sieht sich weiter im Dienste Israels: „Ich bin der Meinung, daß der Staat Israel nur profitiert, wenn eine Firma dieser Größenordnung in Israel Geschäfte entwickelt.“

Wie Haarez berichtet, galt Navon als erfolgreicher Botschafter in Bonn und war auch an den komplizierten Verhandlungen über die Lieferung von „Sicherheitsausrüstung“ aus Deutschland nach Israel beteiligt. Über den Zweck der Ernennung Navons zum Vertreter von Daimler-Benz schreibt das Blatt, daß er die Entwicklung in Israel und in der Region beobachten soll, um auf neue Möglichkeiten für die Beteiligung an Projekten, besonders im Bereich Infrastruktur, hinzuweisen.

Nach einer Presseerklärung der Deutschen Botschaft in Tel Aviv vom 30. Dezember haben die deutsche und israelische Regierung am 20. Dezember in Frankfurt/Main Abkommen unterzeichnet. Danach wird dem Staat Israel ein Kredit in Höhe von 180 Millionen Mark zu vorteilhaften Bedingungen zur Verfügung gestellt. In Übereinstimmung mit dem Infrastruktur-Reformprogramm der israelischen Regierung wird der Kredit hauptsächlich zur Verbesserung des bestehenden Straßennetzes eingesetzt. Amos Wollin