: Heiraten kann ein Minusgeschäft sein
■ Bei der Abwägung „Ehe oder nicht“ überwiegen in aller Regel die Nachteile – ein Ratgeber für Unentschlossene
Paare, die heiraten, erwerben das gemeinsame Sorgerecht für das leibliche Kind und in der Regel eine lebenslange Unterhaltsverpflichtung des Ehepartners – also nichts anderes als eine allgemeine Absicherung für den Fall einer Trennung. Davon abgesehen, bietet die Ehe nicht immer steuerliche Vorteile, sondern bedeutet bei manchen Paar-Konstellationen sogar finanzielle Verluste. Hier eine Checkliste.
Die Vorteile: Das „Ehegatten- Splitting“ lohnt sich nur bei konventionellen Paaren, also dann, wenn beide Ehepartner unterschiedlich viel verdienen oder sogar eineR gar kein eigenes Einkommen hat. Beim „Ehegatten- Splitting“ wird der Verdienst der Partner zusammengezählt, dann halbiert und nach dieser rechnerischen Hälfte der Steuersatz bestimmt. Beispiel: Der Ehemann verdient 100.000 Mark im Jahr, die Ehefrau aber nichts. Der Steuersatz wird wie bei einem Einkommen von 50.000 Mark festgesetzt und in dieser Höhe dann auf die 100.000 Mark Verdienst des Ehemannes angewandt. Das kann eine jährliche Steuerersparnis von mehreren tausend Mark bedeuten.
Beim Erbrecht gelten für Eheleute außerdem erheblich günstigere Steuersätze und Freibeträge als für Lebenspartner.
Die Nachteile: Steuerliche Haushaltsfreibeträge fallen weg, die sonst für Alleinstehende mit Kindern gelten. Wenn beide Partner gleich viel verdienen und damit nicht vom „Ehegatten-Splitting“ profitieren, kann der Verlust der Freibeträge entscheidend sein. JedeR Alleinstehende mit Kind kann jährlich 5.616 Mark Haushaltsfreibetrag von der Steuer absetzen. Ein unverheiratetes Paar mit zwei Kindern, das zwar zusammenlebt, aber steuerlich zwei getrennte Haushalte führt und jeweils ein Kind auf den eigenen Namen polizeilich angemeldet hat, darf somit rund 11.000 Mark für Haushaltsfreibeträge jährlich von der Steuer absetzen. Diese Steuerersparnis kann etwa 4.000 Mark im Jahr bedeuten.
Bekommt ein Lebenspartner Geld vom Sozialamt, verliert er mit der Heirat seinen Anspruch auf Sozialhilfe, wenn der Ehegatte ausreichend verdient und dann zum Unterhalt verpflichtet ist. Auch bei der Arbeitslosenhilfe wird das Einkommen des Ehepartners mit angerechnet. Diese wechselseitige Verpflichtung gilt zwar laut Gesetz auch für „wilde Ehen“ in einem gemeinsamen Haushalt, ist dort aber nur schwer nachweisbar.
Nicht zu unterschätzen ist auch der in der Praxis häufig geringere Anspruch auf einen Kindergartenplatz. Unverheiratete Mütter oder Väter haben bessere Chancen, einen Kitaplatz zu bekommen, da für sie oftmals eine höhere Dringlichkeitsstufe gilt als für Eheleute.
Sonderfall: Scheiden muß nicht weh tun: Hochverdiener, die sich einvernehmlich vom Ehegatten scheiden lassen, können hinterher unter Umständen sogar steuerlich besser dastehen als zuvor. Günstigster Fall: Eheleute mit zwei Kindern lassen sich juristisch scheiden, gelten steuerlich wieder als alleinstehend mit jeweils einem Kind, bleiben aber in einer Wohnung zusammen. Jetzt können sie nicht nur die Haushaltsfreibeträge absetzen, der hochverdienende Ehepartner kann auch die Unterhaltsleistung an den oder die GeschiedeneN steuerlich geltend machen.
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