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Unterm Strich

Das Kunsthandwerk, als schöne Kunst betrachtet, löst für gewöhnlich keine allzu große Begeisterung aus. Auch wir gebrauchen den Begriff in der Regel lieber zur Geißelung des Gutgemeinten. Deshalb haben wir – Schande! – auch das berühmte „Grüne Gewölbe“ in Dresden, die Schatzkammer der sächsischen Kurfürsten mit seinen barocken Tafelgeschirren und Zeremonienutensilien, nie richtig würdigen können. Diese Abneigung, die sich, bei uns jedenfalls, auch auf Pokale, Münzen und vor allen Dingen Majolika-Fayencen erstreckt, ist hoffentlich eine reine Altersfrage und vielleicht ein Fehler. Denn unter den insgesamt 3.200 Schätzen, die im Sommer 1999 aus ihrem Exil im Albertinum zurück ins dann wieder aufgebaute Dresdner Residenzschloß ziehen sollen, befinden sich Kostbarkeiten, von denen selbst der Direktor, Dirk Syndram, bisher nichts ahnte. Wie zum Beispiel eine 1602 gefertigte Kugellaufuhr aus vergoldetem Messing in der Form des Turms von Babel. Einmal pro Minute läuft eine Bergkristallkugel die schräge Bahn mit 17 Windungen hinab, während ein Hebewerk im Inneren eine zweite Kugel emporhebt. Fällt die Kugel am Ende in das Innere des Turms, schlägt oben auf dem Altan Saturn mit dem Hammer auf eine Glocke. Zur vollen Stunde heben die Musiker auf der Ballustrade ihre Blasinstrumente an die Münder, und ein Orgelwerk im Inneren spielt eine Melodie. Das muß man erst mal selber bauen!

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