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Hoechst nutzt neues Gentechnikgesetz

Chemiekonzern stellt Anträge neu, da jetzt die öffentliche Anhörung entfällt / Anhörungen waren Forum für skeptische BürgerInnen / Für Freisetzungen fehlerhafte Anträge eingereicht  ■ Von Niklaus Hablützel

Berlin (taz) – Umweltgesetze bleiben oft genug bloßes Papier. Beamte sind überfordert, wenn sie Großindustrien kontrollieren sollen. Nur für das neue Gentechnik- Gesetz, das am ersten Januar in Kraft getreten ist, sind solche Vollzugsdefizite nicht zu befürchten. Die chemische Industrie drängelt danach, den neuen Vorschriften zu entsprechen – sie hat fast nichts mehr zu befürchten.

Besonders eilig hat es die Agrochemie-Tochter der Firmen Hoechst und Schering. Die „AgrEvo, so der neue Firmenname, hat in dieser Woche vier Anträge für Freilandversuche mit genmanipulierten Mais- und Rapspflanzen im Berliner Bundesgesundheitsamt eingereicht. Unbekannt sind den Fachbeamten die Papiere nicht. Sie lagen schon einmal vor, stammten aber noch aus dem Hause Hoechst.

Im Oktober jedoch, als sicher war, daß die Gentechnik-Novelle auch den Bundesrat mit Zustimmung der SPD-regierten Länder passieren werde, wurden die Anträge plötzlich zurückgezogen. Nun liegen sie wieder vor, nur der Briefkopf hat sich geändert – und auf seiten der Behörde das Gesetz, nach dem die Versuche geprüft werden müssen. Der AgrEvo- Sprecher freut sich vor allem darüber, daß keine öffentliche Erörterung mehr vorgesehen ist: „Wir gewinnen Zeit, der Mais muß im Mai in den Boden.“

Wahrscheinlich darf er das auch. Die Hoechst-Tochter will in Wörrstadt (Rheinland-Pfalz) Gersten (Niedersachsen), Freimar (Thüringen) und Gersthofen (Bayern) ausprobieren, ob ihr Mais und Raps mit einem zusätzlichen Gen tatsächlich die Hoechst-Chemikalie „Basta“ überlebt, die als „Totalherbizid“ sämtliche Grünteile von Pflanzen vernichtet. Die Kombination des Basta-Killers mit der gentechnisch angepaßten Nutzpflanze sei „besonders umweltverträglich“, preist die Firma ihr Verfahren.

Für einen Freilandversuch, der diese Basta-Kombination testen sollte, mußte das Bundesgesundheitsamt bei der TU München weitere wissenschaftliche Unterlagen anmahnen, ein erster Antrag war derart schlampig begründet, daß die Behörde ihn ablehnen mußte. Die Prüfung der dann vom Hersteller selbst eingereichten Anträge war schon soweit fortgeschritten, daß die Papiere in den zuständigen Ämtern zur öffentlichen Einsicht ausgelegt hätten werden können. Einen bedeutenden Zeitgewinn können die Berliner Beamten nicht recht erkennen, sie haben nun die neuen Anträge wieder von Anfang an zu prüfen.

Auch bei der öffentlichen Auslegung wird es bleiben. Binnen vier Wochen können Einwände beim Bundesgesundheitsamt geltend gemacht werden. Das Amt prüft sie wie bisher, lediglich die öffentliche Erörterung mit den Einwendern entfällt. Offenbar waren diese Termine nicht als Gentechnik-Propaganda nutzbar, „Wir waren da ja nie dabei“, klagt der AgrEvo-Sprecher. Die Gentechnik-Novelle sei deshalb ein Beitrag zum „Standort Deutschland“.

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