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Beleidigung Behinderter

■ betr.: „Prozeßlawine um ein Wort“, taz vom 12.1.94

Die Reportage von Heide Platen kommt zur rechten Zeit. Sie belegt, daß das Klima für Angriffe gegen Behinderte, wie sie jetzt allerorten beklagt werden, lange zuvor befördert worden ist, etwa von der Staatsanwaltschaft in Mosbach unter ihrem damaligen Leiter Dr. Burkhard Kühn vor nun schon fast vier Jahren. Wie anders soll man es erklären, daß eine Staatsanwaltschaft ein Beleidigungsverfahren gegen eine Frau einzuleiten müssen meint, welche die Behauptung empört hat, Häuser würden im Wert gemindert, wenn in der Nähe Behinderte einziehen, und eine von ihr in diesem Zusammenhang angeblich getane Äußerung deswegen gleich zum Schöffengericht anklagt, an die Beleidigung von Behinderten durch eine solche Äußerung aber nicht einmal entfernt denkt? Schlimmer noch: daß eine Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen die diese Frau belastende Personen von vornherein nicht einleitet, nachdem ein Zivilgericht diesen Personen in fünf Urteilen Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen und Falschaussage vorgeworfen hat, und sie zur Verfolgung dieser Delikte von Gesetzes wegen verpflichtet ist? (Die Staatsanwaltschaft hat eines dieser Urteile, welches Gabriele Metzger recht gab, ungeachtet seines Inhalts schlicht als Beweismittel in der Beleidigungsanklage gegen Gabriele Metzger angeführt.)

Dennoch bedarf der Artikel von Frau Platen einiger Richtigstellungen. Meine Äußerung: „Mit den normalen Aufgaben einer Staatsanwaltschaft hat diese Hilfe für eine Prozeßpartei eines Zivilverfahrens nichts mehr zu tun“, bezog und bezieht sich darauf, daß die Staatsanwaltschaft Mosbach entgegen allen einschlägigen Vorschriften eine Abschrift der Anklageschrift gegen Gabriele Metzger wegen Beleidigung in ein von dieser geführtes Zivilverfahren gegeben und so dessen Ausgang beeinflußt hat.

Nicht das Landgericht Karlsruhe hat Gabriele Metzger zu einer Geldstrafe verurteilt, sondern die III. (Kleine) Strafkammer des Landgerichts Mosbach. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hatte lediglich eines der Zivilurteile des Landgerichts Mosbach aufgehoben, in denen den Zeugen, die Gabriele Metzger belasteten, die Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen und Falschaussagen vorgeworfen wurden – allerdings ohne sie jemals anzuhören. (Interims-)Vorsitzender des 6. Zivilsenats war zu jener Zeit ein Dr. Dressler, früher einmal Beisitzer in einer von Dr. Kühn in Heidelberg geführten Zivilkammer. Als Dr. Dressler nicht mehr Vorsitzender war, hat derselbe Senat ein anderes dieser Urteile bestätigt, wobei da nichts anderes vorgetragen war.

Nachdem der Vorsitzende des Schöffengerichts es abgelehnt hatte, ein Strafverfahren wegen Beleidigung gegen Gabriele Metzger zu eröffnen, weil ihre Verurteilung wegen der Widersprüche in den Aussagen der sie belastenden Zeugen nicht zu erwarten sei, hat die Beschwerdekammer unter Führung eines Dr. Ernst Ludwig Mißler es auf Beschwerde hin beim Strafrichter eröffnet. Begründung: Es könne in der Hauptverhandlung geklärt werden, wen Gabriele Metzger mit der angeblichen Äußerung „Das sind Nazimethoden“ beleidigt habe. [...]

Wenn man nicht den absoluten Willen der Staatsanwaltschaft Mosbach unterstellen will, Gabriele Metzger um jeden Preis verurteilt zu sehen, war es schon einigermaßen überraschend, wie sie agierte: nach der Verhandlung beim Amtsrichter Zöllner beantragte sie Freispruch, soweit es die Vorgänge nach der Gemeinderatssitzung anging; Dr. Burkhard Kühn ließ aber für dieselbe Staatsanwaltschaft unbeschränkt Berufung einlegen, obwohl sich an der Sachlage nichts geändert und seine Staatsanwaltschaft selbst Teilfreispruch beantragt hatte; in der Berufungsverhandlung beantragte die Staatsanwaltschaft Mosbach aufgrund des Ergebnisses der dort noch einmal durchgeführten Beweisaufnahme die Verwerfung ihrer eigenen Berufung in allen Punkten – anstatt sie zurückzunehmen. Dies erst ermöglichte dem Berufungsgericht die Verurteilung. Dem Berufungsgericht saß mit dem Richter Peter Zinn ein eingestandener Bewunderer des Dr. Burkhard Kühn vor.

Was die Staatsanwaltschaft Mosbach sich hingegen schon vor Ablauf der Verjährungsfrist „bei der Vielzahl der widersprechenden Aussagen und der langen Zeit, die verstrichen ist“, nicht mehr zu verfolgen in der Lage sah, war die hunderttausendfach schwarz auf weiß verbreitete und noch heute nachlesbare Verleumdung von Gabriele Metzger durch den Journalisten Thomas Ballenweg, die dieser dann vor dem Richter Peter Zinn auch freimütig einräumte – nach Ablauf der Verjährungsfrist. Hans-Joachim Dohmeier,

Rechtsanwalt, Ludwigshafen

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