: Blohm + Voss: Wie zu Kaisers Zeiten
■ Kriegsschiffe und Nato-Partner sorgen für Dividende / 500 Arbeitsplätze abgebaut Von Uli Exner
Friede, Freude - Kriegsschiffe. Bei Hamburgs letzter verbliebener Großwerft Blohm + Voss stehen die Zeichen trotz Rezession und Bonner Rüstungssparplänen zumindest in einigen Geschäftsbereichen auf Sieg. Oberster Gewinnbringer im vergangenen Geschäftsjahr ebenso wie wie zu Kaisers Zeiten: Der Schiffbau, genauer gesagt der Verkauf von Marinefregatten, dem Blohm + Voss rund die Hälfte seines 93er Umsatzes von rund 1,2 Milliarden Mark verdankt.
Noch eindrucksvoller die Gewinnbilanz des Unternehmens: Rund 40 Millionen Mark (vor Steuern) wurden erwirtschaftet, davon nach taz-Informationen satte 95 Prozent im Bereich „Wehrtechnik“. Größter Geldbringer war dabei die Fregatte „Hydra“, die im Oktober 1992 an die griechische Marine übergeben wurde. Rund 500 Millionen Mark überwies Nato-Partner Grieschenland, rund 100 Millionen davon stammen als Rüstungshilfe aus dem Bundeshaushalt. Ein Geschäft im doppelten Sinne. Denn, wo die Griechen bedient werden, darf auch die Türkei nicht nachstehen. Im vergangenen September wurde die türkische Blohm-Fregatte „Barbaros“ getauft. Für sie werden ebenfalls rund 500 Millionen Mark fällig, die Überweisung dürfte in Ankara unterschrieben werden, das nötige Kleingeld kommt zum großen Teil als „Militärhilfe“ aus Bonn.
Kleiner Wermutstropfen für Unternehmenschef Peter Beer: Die Verträge für die Lieferung von zwei weiteren Fregatten an die Türkei konnten aufgrund „politischer Gegebenheiten auf deutscher und türkischer Seite und enormem Druck durch ausländische Konkurrenten“ noch nicht in Kraft treten. Immerhin: Trotz knapper Kassen auf der Hardthöhe wird auch die Bundeswehr 1994 dazu beitragen, daß das Rüstungsgeschäft bei Blohm + Voss boomt. Die High-Tech-Fregatte „Brandenburg“, geschätzte Kosten rund 625 Millionen Mark, soll noch in diesem Jahr ausgeliefert werden.
Nicht ganz so rosig die Blohm-Bilanz in der zivilen Schiffahrt. Ein neu entwickelter Katamaran sowie ein schnelles Handelsschiff fanden bisher noch keinen Abnehmer. Nur im Bereich der Luxusyachten stehen zwei Verträge vor dem Abschluß, darunter ein 400 Millionen-Schiff für einen arabischen Ölscheich. Und auch im Maschinenbau und in der Energietechnik konnte Beer bei der Bilanzpressekonferenz gestern auf eine Umsatzsteigerung verweisen.
Während das Geschäftsjahr 93 unterm Strich für die Blohm-Eigner Thyssen (74,1 Prozent), Siemens (12,5) und die Familie Blohm selbst (10) mit einer 20prozentigen Dividende prima endete, kam die Belegschaft nicht so gut weg. 500 Arbeitsplätze wurden 1993 abgebaut, in diesem Jahr sollen 100 weitere folgen, so daß der Betrieb Ende 1994 noch etwa 5000 Beschäftige haben wird. Besonders bei den Reparaturen sieht Vorstandschef Beer stürmische Zeiten voraus: „Wir werden um Kurzarbeit nicht herumkommen und werden intern durch Rationalisierung und Kostensenkung konkurrenzfähig werden müssen.“ Vielleicht, so ist man geneigt hinzuzufügen, hilft ja auch eine kleine Seeschlacht in der Ägäis.
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