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"Es fehlt einfach der rote Faden"

■ Arbeitsverwaltung denkt an Reduzierung auf fünf Servicegesellschaften / DGB will eine zentrale Landesagentur für Beschäftigungspolitik / Vorbild ist Brandenburg / Angeblich zu hohe Kosten

Die Zahl der Servicegesellschaften, die dem Land Berlin bei der Umsetzung der Arbeitsmarktpolitik helfen, wird aller Voraussicht nach verringert. Ab 1995 sollen nach Überlegungen der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen nur noch fünf statt der bislang sieben Einrichtungen weiterarbeiten. Die mit dem Land abgeschlossenen Verträge der seit 1991 existierenden Servicegesellschaften, die unter anderem maßgeblichen Anteil bei der Betreuung und Beratung der diversen Beschäftigungsmaßnahmen haben, laufen Ende Mai 1995 aus. Eine Reduzierung sei – auch wegen der engen Finanzlage des Landes – „angedacht“, wie die Sprecherin der Arbeitsverwaltung, Bettina Martin, auf Anfrage der taz bestätigte.

Trotz der prekären Haushaltslage will die Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen „grundsätzlich“ an der Struktur der Einrichtungen festhalten. Für einen entsprechenden Beschluß, der die Zukunft der Servicegesellschaften auch über das kommende Jahr hinaus sichert, will sich Arbeitssenatorin Christine Bergmann (SPD) nach Angaben ihrer Sprecherin im Senat stark machen.

Kaum Chancen dürfte damit der jüngste Vorschlag der DGB- Landesvorsitzenden für Berlin und Brandenburg, Christiane Bretz, haben. Sie möchte statt der Servicegesellschaften eine zentrale Landesagentur bilden. „Es gibt keine ernsthaften Erwägungen, in diese Richtung zu gehen“, versicherte Martin. Eine derartige Koordinierungsstelle – wie sie mit der Landesagentur für Struktur und Arbeit (LASA) im Nachbarland Brandenburg existiert und von Bretz als Vorbild gepriesen worden war – könne den Problemen und Herausforderungen in Berlin nicht gerecht werden. Im Osten existierten andere Probleme als im Westen der Stadt. Martin: „Je direkter vor Ort gearbeitet wird, um so besser.“

Mit ihrem Vorstoß hatte Bretz in der Arbeitsverwaltung für erhebliche Verärgerung gesorgt. Vor allem der Vorwurf, die Servicegesellschaften arbeiteten „uneffizient und finanztechnisch fragwürdig“ und verwendeten rund vierzig Prozent der vom Land zur Verfügung gestellten Mittel allein für Verwaltungskosten, erregte den Zorn der Arbeitssenatorin. Noch nicht einmal fünf Prozent der in diesem Jahr verfügbaren 19 Millionen Mark würden von den Servicegesellschaften hierfür ausgegeben, konterte Bergmann.

DGB-Sprecher Dieter Pienkny bekräftigte noch einmal gegenüber der taz die Vorbehalte gegenüber der Arbeitsmarktpolitik der Koalition. So gebe es derzeit bei drei Senatsverwaltungen beschäftigungspolitische Arbeitskreise, die „unkoordiniert nebeneinander herlaufen“. Pienkny: „Es fehlt einfach der rote Faden.“ Ein Modell für eine Landesagentur kann der DGB laut Pienkny bislang nicht vorweisen. Bei einer Diskussion um eine solche Koordinierungsstelle sollten die Gewerkschaften und ihr Dachverband jedoch mit einbezogen werden. Severin Weiland

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