Lukratives Zubrot in Millionenhöhe

■ Klinik-Chefärzte kassieren: Zum guten Gehalt noch siebenstellige Nebeneinkünfte   Von Sannah Koch

Alle reden vom Sparen, aber manche kassieren satt ab: Daß Ärzte für gewöhnlich nicht zu den Hungerleidern zählen, ist kein Geheimnis. Wieviel jedoch einige Hamburger Krankenhausärzte, darunter etliche Beamte, durch die Abrechnung von Privatpatienten dazuverdienen, brachte jetzt eine Anfrage des GAL-Abgeordneten (und Arztes) Peter Zamory zutage. Rund hundert Mediziner der städtischen Kliniken, so räumte der Senat gestern in seiner Antwort ein, stecken jährlich einen Nebenverdienst zwischen 250.000 und einer Million Mark brutto ein. 24 Hamburger Ärzte scheffeln noch mehr: Sie bringen es auf einen Nebenverdienst von bis zu fünf Millionen Mark im Jahr; unter ihnen sind alleine 15 Abteilungsdirektoren in der Uniklinik Eppendorf.

Dieses Zubrot stockt das jährliche Chefarzt-Einkommen von rund 120.000 Mark auf ein ansehnliches Sümmchen auf – und das völlig legal. Denn das „Liquidationsrecht“ (Abrechnung von Privatpatienten) wird „einem begrenzten Kreis hochqualifizierter Ärzte“ eingeräumt, so der Senat, damit diese „unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse niedergelassener Ärzte gewonnen und gehalten“ werden können.

Ein wenig müssen diese Mediziner aber von ihrem Nebenverdienst an den Arbeitgeber abgeben: Je nach Arbeitsvertrag werden zwischen 25 und 45 Prozent des Zubrots ans Krankenhaus zurückgezahlt. Auf diese Weise flossen 1992 immerhin 35 Millionen Mark an die Krankenhäuser. Dafür können die Ärzte für ihre Nebentätigkeiten allerdings die gesamte Infrastruktur der Klinik mitnutzen.

Wieviel jedoch an Pflegepersonal und nachgeordnete Ärzte, die häufig den Großteil der Versorgung der Privatpatienten leisten, von ihren Chefs gezahlt wird, ist nicht geregelt. „Ethisch wird in der Berufsordnung festgestellt, daß die Liquidationsberechtigten die nachgeordneten Mitarbeiter entlohnen sollen. Aber es liegt im Belieben des Arztes, wie er das tut“, so Zamory. Da bleibt es dann zuweilen bei ein paar Hundertern für die Stationskaffeekasse. „Mir ist sogar ein Arzt bekannt, der gar nichts weitergegeben hat“, so der GAL-Abgeordnete.

An den Nebenverdiensten der Chefärzte stört den GALier so manches: Nicht zuletzt, daß durch die Gesundheitsreform zwar Kranke kräftig zur Kasse gebeten würden, die Stadt bei ihren Beamten jedoch derartige „moralisch fragwürdige“ Nebenverdienste toleriert. Immerhin, so Zamory, würden diese Einkünfte mit staatlicher Ausrüstung erwirtschaftet. Deshalb fordern die Grünen, daß Chefärzte künftig einen höheren Anteil an die Kliniken zahlen sollen. Darüber hinaus will die GAL das jährliche Nebeneinkommen auf maximal 250.000 Mark begrenzen.