: Papst Gregor XIII. erschwert Untersuchungen
■ Meteorologe überprüft Wahrheitsgehalt von Bauernregeln übers Wetter
„Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich's Wetter, oder es bleibt, wie es ist“, spottet der Volksmund. Dabei können viele überlieferte Bauernregeln durchaus mit modernen Wetterprognosen konkurrieren. Horst Malberg, Meteorologe und Klimatologe an der Freien Universität, hat die Weisheiten auf ihre Stichhaltigkeit geprüft. Ergebnis: Unsere Vorfahren seien gute Wetterbeobachter gewesen, meint Malberg.
Die gesamten Wetterdaten aus dem Berliner Raum von 1908 bis 1987 waren Grundlage der Forschung. Begriffe wie „warm“ und „kalt“ mußten in die moderne Computersprache übersetzt werden. Sie bedeuteten für den Wissenschaftler eine Abweichung von 0,5 bis ein Grad vom langjährigen Monatsmittel. „Als die Bauern einst reimten: ,Ist der Juni warm und naß, gibt's viel Frucht und grünes Gras‘, konnten sie das mit keinerlei Meßgeräten nachprüfen.“ Erst Mitte des 17. Jahrhunderts wurden Thermometer und Barometer erfunden.
Bei der Regel „Ist der Oktober warm und fein, folgt ein strenger Winter drein“, bereitete die Definition von „fein“ das meiste Kopfzerbrechen. „Fein“ deutete er als mindestens so trocken wie normal. Die alte Weisheit gelte, wenn die Niederschlagsmenge im Oktober kleiner oder gleich dem langjährigen Mittel sei. Dann treffe die Regel zu 90 Prozent zu.
Bauernregeln gelten nur für einen Tag
Zwischen Bauernregeln müsse jedoch unterschieden werden. Sie seien lediglich Prognosen für den Tag, wie etwa „Wenn Schäfchenwolken am Himmel stehn, kann man ohne Schirm spazierengehn“. Die Witterungsregeln dagegen träfen langfristige Aussagen. Dazu gehöre „Regnet es am Siebenschläfertag, es noch sieben Wochen regnen mag“. Während diese Regel in Berlin in zwei von drei Fällen zutreffe und im bayrischen Raum sogar zu 80 Prozent, gehe sie an der Küste völlig fehl. Das Wetter dort sei von zu zahlreichen wechselnden Wetterfronten beeinflußt. Je kontinentaler aber das Klima, um so besser treffe die Siebenschläferregel.
Auch für die Kategorie der Ernteregeln lassen sich Erklärungen finden. „Wächst das Korn im Januar, wird es auf dem Markte rar.“ Ein warmer Januar sei zwangsläufig auch feucht, was schlecht für die Saat sei, weil das Korn treiben und von Fäulnis befallen werden könne. So erklärt sich auch: „Die Erde muß ein Bettuch haben (Schneedecke), soll sie im Winterschlummer laben.“
Die Wetterbeobachtungen unserer Vorfahren ließen sich teilweise auch physikalisch erklären, so Malberg. Als Beispiel nennt er „Morgenrot, schlecht Wetter droht.“ Wenn am Morgen mit der Sonne die Temperatur zunehme, steige mit der erwärmten Luft auch der Wasserdampf nach oben und schaffe günstige Bedingungen für Wolkenbildung und Niederschläge.
Umherziehende Mönche überlieferten Wetterreime
Bei vielen Regeln wird der geographische Ursprung übersehen, erläutert der Fachmann. Die meist gereimten Sprüche wurden etwa im Mittelalter durch umherziehende Mönche überliefert. So traf in Berlin dann natürlich keine Regel mehr zu, die das bayerische Wort „Jenner“ (Januar) enthielt. Die Untersuchung der Bauernregeln sei außerdem durch Papst Gregor XIII. erschwert worden, sagt Malberg. Seine Kalenderreform ließ im Jahr 1582 einfach zehn Tage ausfallen, um Sonnenstand und Datum wieder in Einklang zu bringen. Damit hätten sich auch die Daten der Bauernregeln verschoben. dpa
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