■ Die zweite schlimme Woche eines Premierministers: Der geschenkte Gaul
Dublin (taz) – Wenn erst mal der Wurm drin ist, funktioniert gar nichts mehr. Diese Weisheit, die eigentlich auf die englischen Fußballer zugeschnitten ist, gilt genauso für den britischen Premierminister. War schon die vergangene Woche für den ohnehin nicht erfolgsverwöhnten John Major ein Alptraum (siehe taz vom Montag), so schließt sich diese nahtlos an. Am Montag mußte er vor dem Scott-Ausschuß aussagen. Dabei ging es um die britischen Waffenlieferungen an den Irak – trotz des Embargos. Auf seinem Tisch landen so viele Papiere, verteidigte sich Major, daß er erst im November 1992 Wind davon bekommen und eben diesen Untersuchungsausschuß eingesetzt habe. Deshalb wolle er nun von Scott informiert werden, und nicht umgekehrt. Die Presse war sich einig: Entweder lügt Major, oder er ist tatsächlich verblüffend inkompetent.
Ein schlechter Wochenanfang. Aber es kam noch schlimmer: Während Major bei Scott aussagte, enthüllte Entwicklungshelfer Tim Lankester vor dem Finanzausschuß des Unterhauses, daß die Finanzierung des unseligen Staudammprojekts Pergau in Malaysia nicht – wie bisher behauptet – von Außenminister Douglas Hurd, sondern von Major gegen den Rat der Experten durchgedrückt worden war. Die Fachleute hatten erklärt, der Staudamm sei unwirtschaftlich und umweltschädlich – und die britische Finanzspritze in Höhe von 234 Millionen Pfund deshalb reine Verschwendung. Ein Teil des Geldes kam freilich wieder zurück. Mit dem Bau wurde nämlich die britische Firma „Cementation International“ beauftragt. Außerdem mußte Malaysia Waffen im Wert von 1,3 Milliarden Pfund von Großbritannien kaufen, um seine Dankbarkeit für die Entwicklungshilfe zu beweisen. Da sämtliche Dokumente zur Geheimsache erklärt wurden, wäre das Ganze wohl nicht aufgeflogen, wenn Lankester nicht ausgesagt hätte.
Selbst bei den Staatspräsenten hat Major eine unglückliche Hand. Werden andere Regierungschefs mit Diamanten oder anderen handlichen Wertgegenständen überhäuft, so ließ sich Major zu seinem 50. Geburtstag vom Präsidenten Turkmenistans ein Pferd andrehen. Zwar liegt der Geburtstag bereits zehn Monate zurück, aber die Geschichte ist noch längst nicht ausgestanden. Präsident Saparmurad Niyazovs großzügiges Geschenk beinhaltete nämlich nicht die Lieferung. Und Major legte bei der Abholung seines Pferdes nicht die geringste Eile an den Tag, was zu einer vorübergehenden diplomatischen Krise zwischen beiden Ländern führte. Auf dringenden Wunsch des Londoner Außenministeriums kümmerte sich Major dann endlich um sein Geschenk.
Der dreijährige Maksad – so heißt der Gaul – ist kein gewöhnliches Tier, sondern „der Rolls-Royce unter den asiatischen Pferden“, der mindestens 25.000 Mark wert ist. Ob Rolls-Royce oder nicht: Zunächst mußte Maksad für drei Monate nach Moskau in die Quarantäne, wie es das britische Gesetz verlangt. Dann wandte sich Major an die „Russian Horse Society“, eine britische Firma, die sich auf den Import osteuropäischer Pferde spezialisiert hat. Der Besitzer der Firma ist ausgerechnet Ron Meddes, der seinen früheren Arbeitgeber um sechs Millionen Pfund betrogen hatte und dafür eine Weile hinter Gittern saß. „Schlüpfriger Pferdehändler macht Major zum Esel“, titelte der Daily Mirror hämisch. Meddes will das Pferd in den nächsten Tagen aus Moskau abholen. Danach soll es der britischen Kavallerie übergeben werden. Das sei ein Fehler, sagt Meddes: „Ein Pferd wie Maksad ist dort völlig fehl am Platz.“ Macht nichts. Schließlich ist auch Major in der Downing Street völlig fehl am Platz. Ralf Sotscheck
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