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Jobs und einheitliche Grundsicherung

■ Auf der Basis ihrer Ergebnisse fordern der DGB und der Paritätische Wohlfahrtsverband eine neue Armutspolitik

Um die Armut in Deutschland zu bekämpfen, schlagen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Paritätische Wohlfahrtsverband einen ganzen Katalog von Maßnahmen vor. Weil immer mehr Arbeitslose verarmen, setzen die Autoren des „Armutsberichts“ bei einer konsequenten Industrie- und Beschäftigungspolitik an. Um Arbeitsplätze zu erhalten, müßten unter Umständen die Löhne in den neuen Bundesländern, zumindest zeitlich befristet, subventioniert werden. Im sozialen Dienstleistungssektor und Umweltschutz sollen mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Arbeitsmarktpolitik müsse gefördert werden. Auch Nichtbeitragszahler, wie Beamte und Selbständige, sollen zur Finanzierung von beschäftigungsfördernden Maßnahmen herangezogen werden.

Nach einem neuen Budgetkonzept sollen Kosten und Erträge von neuen Maßnahmen genauer erfaßt werden. Der Bund müsse einen regelmäßigen Zuschuß leisten, um die Beschäftigungspolitik von der Kassenlage der Arbeitslosenversicherung unabhängig zu machen. Der Zugang zu Fördermaßnahmen solle ferner auch denen gestattet werden, die keinen Anspruch auf Leistungen durch das Arbeitsamt haben. Die Programme „Hilfe zur Arbeit“ für Sozialhilfeempfänger müßten ausgebaut werden. Wer arm ist, wird eher obdachlos. Um den sozialen Abstieg zu verhindern, soll nach Meinung der Autoren die staatliche Wohnungsbaupolitik gefördert werden. Der soziale Wohnungsbau müsse massiv ausgeweitet werden. Auch wäre eine zügige Umsetzung einer flächendeckenden Fehlbelegungsabgabe, etwa eine Umstellung der Kostenmiete auf eine einkommensabhängige Miete nach Wohnwert, von großer Bedeutung.

Kinderreiche Familien rutschen eher unter ein bestimmtes Einkommensniveau. Ihnen muß der Staat daher mit einem angemessenen Kinderlastenausgleich gerecht werden. Der bisher geltende Familienlastenausgleich solle entsprechend umgestaltet werden, heißt es in dem Bericht. Die steuerlichen Kinderfreibeträge müßten entfallen, da Familien mit geringem Einkommen von ihnen nicht profitieren. Das Kindergeld dagegen solle einkommensabhängig angehoben werden. Das Ehegattensplitting solle abgeschafft werden zugunsten von Leistungen, die nur Familien mit Kindern zugute kommen. Besonders von Armut bedroht sind Alleinerziehende. Ein Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung sei daher unabdingbar, um für Alleinerziehende die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.

Für jene, die nicht in der Lage sind, selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen, müsse es eine menschenwürdige bedarfsorientierte Grundsicherung geben. Die entwürdigenden Bedürftigkeitsprüfungen durch die Sozialämter sollen reduziert werden. Geldleistungen müssen konsequent pauschaliert werden, heißt es in dem Bericht. Die Unterhaltsverpflichtungen innerhalb von Familien sollen auf Ehegatten untereinander sowie auf Eltern gegenüber Minderjährigen oder unverheirateten Kindern beschränkt werden.

Die Hilfe zum Lebensunterhalt und die Grundsicherung müßten nach einheitlichen Grundsätzen und mit einem einheitlichen Niveau ausgestaltet werden. Die Hilfe zum Lebensunterhalt solle mit Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und der gesetzlichen Rentenversicherung verzahnt werden. Damit erhielte der Hilfesuchende alle Leistungen aus einer Hand. Ein nationaler Grundsicherungsstandard mit bundeseinheitlichen Leistungen müsse aus Steuermitteln des Bundes finanziert werden. Auch solle das Grundsicherungsniveau durch das Parlament festgesetzt werden. Dies müsse sich dabei auf Gutachten eines unabhängigen Sachverständigenrates stützen, der jährliche Empfehlungen zu dieser Grundausstattung vorlegen soll. Barbara Dribbusch

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