: Mißtrauensvotum gegen Lemke-Schulte
■ CDU-Kudella: Bausenatorin soll wegen Filz und Unfähigkeit gehen / Rumoren in der FDP
Die Bremer CDU bläst zum Angriff: Gestern hat der CDU-Fraktionschef Peter Kudella die Bausenatorin Eva-Maria Lemke-Schulte ultimativ zum Rücktritt aufgefordert. Begründung: Galoppierende Unfähigkeit im Ressort und vor allem Filz, weil sie versucht habe, ihren Staatsrat Jürgen Lüthge zum Gewoba-Geschäftsführer zu machen. Wenn sie ihr Büro bis Montag mittag nicht geräumt haben sollte, will Kudella eine Sondersitzung der Bürgerschaft beantragen und dortselbst einen Mißtrauensantrag abstimmen lassen. Und das Ergebnis ist alles andere als gewiß. Auch wenn die SPD in Treue fest zu ihrer Senatorin steht und die Grünen vermutlich den CDU-Antrag geschlossen ablehnen werden - in der FDP grummelt es.
Vom „lieben Detlev“ bis hin zu den aktuellen Filzskandalen in Bremerhaven: Kudella band gestern der Bausenatorin die komplette SPD-Skandalgeschichte ans Bein. Und in diese Geschichte stellte er auch die Besetzung des Gewoba- Geschäftsführerpostens. In der Ausschreibung seien hohe fachliche Anforderungen gestellt worden, die der Kandidat Jürgen Lüthge nicht erfülle. Am schlimmsten aber sei, daß Lemke-Schulte diesen Bewerber an den Gremien vorbei der Presse präsentiert hätte. Zudem hätten die vergangenen Jahre gezeigt, daß die Bausenatorin mit ihrem Ressort überfordert sei. Kudella: „Eine Sondersitzung der Bürgerschaft ist immer noch billiger, als wenn Lemke-Schulte im Amt bleibt.“
"Wenn Fücks 51 Stimmen gekriegt hat, dann sind die Chancen diesmal gestiegen“, rechnet Kudella. Dabei scheint die CDU vor allem auf die FDP zu hoffen: „Nun wollen wir mal sehen, ob Herr Jäger auch handelt“. Der hatte seiner Senatskollegin Lemke-Schulte nur wenig verklausuliert völliges Versagen attestiert. In der FDP grummelt es in der Tat. Die ist immer noch vergrätzt wegen der scharfen Presseerklärung der Bausenatorin, als die ihr Verhalten in der Gewoba-Geschichte noch einmal gerechtfertigt hatte. „Das Verhalten von Frau Lemke-Schulte hat diese Situation herbeigeführt“, kommentierte FDP-Fraktionschef Heinrich Welke den CDU-Vorstoß. Seine Fraktion müsse erst noch diskutieren, wie sie sich verhalten wolle. Offene oder geheime Abstimmung? Welke: „Mir piepegal. Wenn wir nicht zu dem Ergebnis kommen, daß wir das Mißtrauensvotum ablehnen, werden wir das sowieso sagen.“
„Gelassen“ sehe er der Abstimmung entgegen, ließ SPD-Fraktionschef Claus Dittbrenner verlauten, der im übrigen nach wie vor keinen Mangel im Verhalten Lemke Schultes zu erkennen vermag. Und auch Bürgermeister Klaus Wedemeier ist sich sicher, daß die CDU die Koalition nicht destabilisieren könne. „Unbeherrschte Briefe“, kommentierte die Grüne Fraktionssprecherin Karoline Linnert das öffentliche Gerangel zwischen Lemke- Schulte und Jäger. Es habe keinen Grund zum Streit mehr gegeben, nachdem die Ampel die Neuausschreibung beschlossen habe. Sie geht davon aus, daß die Grünen das Mißtrauensvotum ablehnen. Genauso Umweltsenator Ralf Fücks: „Wenn neu ausgeschrieben wird, steht die Koalition.“
Wenn neu ausgeschrieben wird, denn der Beschluß, den der Aufsichtsrat der Gewoba gestern morgen gefaßt hat, und der am Nachmittag von der Gesellschafterversammlung gebilligt wurde, ist zumindest interpretationsfähig. Der sieht nur vor, daß der Aufsichtsrat den Gesellschaftern zwei gleichwertige KandidatInnen vorschlägt. Von einer Neuausschreibung ist explizit dort nicht die Rede, merkt auch Karin Röpke, Sprecherin der Bausenatorin an. Das macht den grünen Umweltsenator mißtrauisch. Er hatte die Aufsichtsratssitzung vorzeitig verlassen müssen, die Diskussion bis dahin aber eindeutig in Richtung Neuausschreibung laufen sehen. Fücks: „Wenn die Bausenatorin die Neuausschreibung infrage stellt, dann läuft sie hohes politisches Risiko.“
Einer aus dem Personalausschuß der Gewoba hat bereits Konsequenzen gezogen: Axel Weber von der Landesbank und als Nachfolger von Finanzsenator Volker Kröning im Gespräch, ist aus der SPD ausgetreten. Er erklärte gestern im Aufsichtsrat, er habe nach der Personalratssitzung mit der Entscheidung für Lüthge versucht, eine Aufsichtsratssitzung zu erwirken – vergeblich. Jochen Grabler
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