: Extremismus der Mitte
■ Diskussion über rechte Tendenzen an der Fachhochschule für Wirtschaft
Wenn Wissenschaftler, wie am Donnerstag abend an der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW), über „Rechtsentwicklung und Rassismus an den Hochschulen“ diskutieren, dann müssen sie erst die Begriffe definieren. So warnte FHW-Professor Ulf Kadritzke davor, „daß man als Rassismus alles klatscht, was einem nicht paßt“. Dennoch einigte sich das Podium schnell auf den Vorschlag des Politologen Wolf-Dieter Narr, „nicht den unmittelbaren Kontext“ rechter Gewalttäter, sondern den „Extremismus der Mitte“ ins Visier zu nehmen.
So blieb auch die Vorankündigung, auf der Veranstaltung solle konkret über rechte studentische Organisationen und eine entsprechende Verschiebung von Lehrinhalten informiert werden, zunächst ein leeres Versprechen. „Sprachlose Minderheiten“, wußte Kadritzke nur zu berichten, machten sich auch an der FHW bemerkbar – mit Klosprüchen und abgerissenen oder angezündeten Antirassismus-Plakaten. Generell vermutet FHW-Professor Ulf Kadritzke aber „einen durch ökonomische Theorien bedingten Hang zum Sozialdarwinismus“.
An ihrer Hochschule, berichtete Christin Labonté-Roset von der Fachhochschule für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (FHSS), habe ein Dozent auf Äußerungen eines armenischen Studenten zur deutschen Vergangenheit entgegnet: „Sie halten gefälligst den Mund! Die Armenier haben schließlich die Türken umgebracht.“
Eine Bemerkung, die, wie Rektor Reinhard Wolf abgewiegelt habe, „von der Wissenschaftsfreiheit gedeckt“ sei.
Wie sich das von einem Zuhörer gelobte antirechte Klima an den Berliner Hochschulen bewahren ließe, dafür wußte niemand auf dem Podium ein Rezept. Labonté- Roset gestand, daß sie vielleicht zu sehr „den akademischen Veranstaltungsformen“ verhaftet sei. Allein Narr hatte einen konkreten Vorschlag: Er ging vorzeitig nach Hause, um seinen zweieinhalbjährigen Sohn zu hüten, „damit das kein Rechter wird“. rab
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen